Kunduz - Die radikal-islamischen Taliban haben in der nordafghanischen Provinz Kunduz nach Angaben der Polizei erstmals seit Jahren keine Gebiete mehr unter ihrer Kontrolle. Provinz-Polizeichef Abdul Rahman Sayedkhili sagte der Nachrichtenagentur dpa am Montag, afghanische Sicherheitskräfte hätten am Vortag den Bezirk Dasht-e-Arkhi eingenommen. Das sei die letzte Hochburg der Aufständischen in der Provinz gewesen, in der die deutsche Bundeswehr in den vergangenen Jahren schwere Verluste erlitten hat.

Zwar könne es weiterhin zu Anschlägen durch untergetauchte Aufständische kommen, sagte Sayedkhili. Die Taliban würden aber keine Gebiete in der Provinz mehr kontrollieren. Rund 300 Aufständische hätten in den vergangenen zwei Monaten die Seiten gewechselt und sich von den Taliban losgesagt.

Verbesserte Sicherheitslage

Die Taliban hatten in den vergangenen Jahren immer mehr Gebiete in Kunduz unter ihre Kontrolle gebracht, zu denen Regierungsvertreter keinen Zugang mehr hatten. Auch internationale Truppen konnten in diese Gegenden nur unter großen Risiken eindringen.

Ein deutscher Armeesprecher in Kunduz sagte, generell habe sich die Sicherheitslage in der Provinz deutlich verbessert. Der Anschlag vom vergangenen Samstag, bei dem zwei Deutsche verletzt wurden, sei der einzige Vorfall in der Provinz im Jänner gewesen, bei dem die Bundeswehr betroffen gewesen sei.

Experten rechnen allerdings damit, dass die Aufständischen im Frühjahr versuchen werden, ihren Einfluss in Kunduz wieder auszudehnen. Dann beginnt die Kampfsaison in Afghanistan traditionell wieder. Im vergangenen Herbst war es deutschen, amerikanischen und afghanischen Truppen gelungen, die Taliban aus ihrer Hochburg im Süden des Bezirks Khar Darah zu verdrängen. Danach waren die Taliban immer weiter zurückgewichen.

Sayedkhili sagte, in Dasht-e-Arkhi habe die Polizei zwei Männer gerettet, die von den Taliban der Spionage bezichtigt und zum Tode verurteilt worden seien. Im vergangenen August hatten die Taliban in dem Bezirk ein unverheiratetes Liebespaar öffentlich steinigen lassen. Vor wenigen Tagen waren hochgradig verstörende Videobilder der Bluttat aufgetaucht.

Sayedkhili sagte, nachdem der Bezirk nun unter Kontrolle der Regierung sei, werde es einfacher werden, die Drahtzieher der Steinigung zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. (APA/dpa)