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Das Wrack des Personenzugs, der aus den Schienen geschleudert wurde.

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Nach dem schweren Zugsunglück in Sachsen-Anhalt liefen die Ermittlungen in Deutschland am Montag auf Hochtouren. Wie ein Polizeisprecher in Magdeburg sagte, war nach wie vor völlig unklar, ob menschliches Versagen oder technische Ursachen zu der Kollision führten, bei der am Samstagabend mindestens zehn Menschen starben. Mehr als 20 Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Bis Montag in der Früh wurden laut Polizei die Wrackteile des nahezu völlig zerstörten Nahverkehrszuges geborgen und in eine Halle nach Halberstadt gebracht. Dort sollen die Wrackteile von Experten untersucht werden. Auch die Auswertung der beiden Fahrtenschreiber aus den Lokomotiven dauerte noch an. In der Nacht auf Montag seien bereits Spuren gesichert worden, sagte ein Polizeisprecher.

Schwierige Identifizierung

Von den Todesopfern konnten bis Montag zwei zweifelsfrei identifiziert werden, sagte der Polizeisprecher. Die Identifizierung gestaltete sich schwierig, weil viele Fahrgäste keine Ausweispapiere bei sich trugen. Hinweise auf betroffene Österreicher lagen laut Informationen des österreichischen Außenministeriums bis Montag nicht vor.

Im Laufe des Vormittags werden weitere Angaben zu den Leichen erwartet. Die Landespolizei hatte Experten aus dem Bundeskriminalamt (BKA) angefordert, um die Leichen schneller identifizieren zu können.

Kein Sicherheitssystem

Auf dem Unglücks-Gleisabschnitt war noch kein zusätzliches Sicherungssystem installiert, das Züge automatisch bremsen kann, das sei aber geplant, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn zur Nachrichtenagentur dpa. Das System zu installieren sei nicht vorgeschrieben, da die Strecke nur bis zu 100 Stundenkilometer zugelassen sei, betonte sie. Das System der "Punktförmigen Zugbeeinflussung" (PZB) löst eine Zwangsbremsung aus, wenn ein Zug über ein Haltesignal fährt. Dabei senden Magneten, die mit Vorsignal und folgendem Hauptsignal verkabelt sind, Signale in die Lok.

In Hordorf wird eine zweigleisige Strecke an einer Weiche eingleisig, wie die Sprecherin erläuterte. Diese Weiche werde über ein mechanisches Stellwerk in der Nähe bedient. Das dazugehörige Signal stehe normalerweise auf Rot und wechsle erst auf Grün, wenn die Weiche entsprechend gestellt und fixiert sei.

Lokführer des Güterzugs nur leicht verletzt

Nach Informationen des MDR-Fernsehens war der Zugführer des Güterzugs möglicherweise nicht im Führerstand. Ein Polizeisprecher sagte im MDR-Magazin "Sachsen-Anhalt heute", dies könne die Erklärung dafür sein, dass dieser nur leicht verletzt sei. Der Lokführer des beteiligten Personenzugs starb bei dem Unglück.

Der nur leicht verletzte Lokführer des Güterzugs konnte sich wegen eines Schocks zunächst nicht zum Unglück äußern. Fünf verletzte Regionalzug-Insassen sollen Ausländer sein, wie es aus dem Landesinnenministerium hieß, vier von ihnen dauerhaft im Ausland leben - in Georgien, Kasachstan, Portugal und Brasilien.

Signalanlage defekt?

Der Aufprall war so gewaltig, dass der Zug des Harz-Elbe-Express (HEX) von der Schiene geschleudert wurde. Vermutet wurde, dass die Züge mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde fuhren. Der HEX-Triebwagen wurde völlig zerstört. Viele Passagiere, die im vorderen Zugteil saßen, waren auf der Stelle tot.

Zum Unglückszeitpunkt leuchtete das Signallicht für den Personenzug auf Grün, der also womöglich Vorfahrt hatte. "Das ist vordergründig, so zu interpretieren", sagte der Einsatzleiter der Bundespolizei, Ralph Krüger.

Politik reagiert betroffen

"Das geht mir unter die Haut", sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), der sich vor Ort einen Überblick verschaffte. Danach machte er sich auf in umliegende Kliniken, um mit Verletzten zu sprechen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Angehörigen der Opfer ihr tiefes Mitgefühl aus. "Mit Bestürzung habe ich von dem schweren Zugsunglück in Hordorf erfahren. Meine Gedanken sind bei den trauernden Familien der Opfer." Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso äußerte sich "tief bestürzt", ebenso Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube und der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).  (APA)