St. Pölten - Hände schirmen Augen ab, Programmhefte schützen Gesichter. Ein Scheinwerfer bestrahlt den Zuschauerraum wie eine gleißende kleine Sonne. Erst nach Minuten gibt er den Blick auf eine schräge, leere Holzbühne frei. Auf einem Stuhl in der Mitte sitzt ein Mann im silbernen Paillettenanzug, daneben steht ein zweiter in einer orangefarbenen Kleiderschürze. Es sind Hamm (Ulrich Matthes) und Clov (Wolfram Koch), Herr und Diener aus Samuel Becketts Endspiel, zwei in Hass und Liebe aneinandergekettete letzte Menschen in einer sterbenden Welt. Als zweitägiges Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin war Endspiel in einer Inszenierung von Jan Bosse am Freitag und Samstag im Landestheater Niederösterreich zu sehen.

Die bedrückend sinnentleerte Welt des 1957 uraufgeführten Werks gibt Rätsel auf. Klar ist, dass es (auch) um das Theater selbst geht. Bosse, der mit Hamms Eltern die Hälfte der Figuren streicht, betont die selbstreferenzielle Seite und von Sprachwitz geprägte Künstlichkeit des Stückes. Wie im Schnellvorlauf heruntergenuschelte Sätze und in Wiederholungsschleifen steckenbleibende Szenen zeigen, dass Bosses Inszenierung sich noch weniger ernst nimmt als Becketts Text.

Unterstützt wird die hieraus entstehende Komik durch pantomimische Einlagen, die die fehlenden Requisiten ersetzen. Der Eindruck, Stück und Publikum seien Gegenstand der Schauspielerbelustigung, erhärtet sich durch hinzugefügte Passagen, in denen die Zuseher und ihre Reaktionen einbezogen werden. Dazwischen herrscht sanfte Publikumsbelästigung, wenn Clov Klebebandstücke und Fäden von der Bühne pustet und in einer großartig anarchischen Übertreibung der Beckett'schen Regieanweisungen eine raumfüllende Puderwolke erzeugt, um einen Floh zu töten.

Erst geblendet, dann mit Halskratzen beschäftigt, stimmt das herannahende Ende das Publikum nicht traurig. Als beeindruckend gespieltes, grotesk-komisches, doch nicht unanstrengendes Werk wurde Endspiel ein zwiespältiges Erlebnis. (Sabina Zeithammer/DER STANDARD, Printausgabe, 31. 1. 2011)