Der Telekom-Einstieg bei der "Tainment-Company" Libro 1999 war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Bilanzprüfer wussten nichts von mysteriösen Aufwertungen, dafür waren Investmentbanken informiert.

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Wiener Neustadt - Um Ungereimtheiten, Zufälle und Unvereinbarkeiten beim Einstieg der Telekom Austria (TA) beim Buchhändler Libro im Herbst 1999 kreisten die Einvernahmen durch Richterin Birgit Borns im Libro-Prozess vor dem Wochenende.

Die Schlüsselfrage: Wurde die TA (wie alle Aktienkäufer beim Börsengang) von den fünf Angeklagten rund um André Rettberg im Zusammenwirken gezielt in die kapitalschwache Handelskette hineingelockt, wie die Staatsanwaltschaft argwöhnt? Oder kaufte die damalige TA-Führung rund um General Werner Kasztler trotz diverser Ungereimtheiten für umgerechnet 86 Mio. Euro 25,00001 Prozent Aktien von Libro?

Eine vertiefte Unternehmensprüfung (Due Diligence) ließ die TA, wie berichtet, von Ernst & Young (E&Y) erst machen, nachdem sie das Geld überwiesen hatte. Die Due Diligence vom 11. April 2000 enthielt jene Kritikpunkte, die Ankläger Johann Fuchs der damaligen Libro-Führung anlastet, selbige aber bestreitet: Bilanztricks bei Bewertungen.

Sonderdividende

Wenn die TA schon nicht prüfte (Libro verweigerte die Einschau wegen des Börsengangs), bekannt gewesen sein dürfte ihr die Causa rund um die inkriminierte Aufwertung der verlustreichen, seit Billa-Zeiten mit einem "Erinnerungsschilling" bilanzierten Libro-Filialen in Rosenheim auf 10,9 Mio. Euro. Letztere sahen die Libro-Chefs durch ein Gutachten von Wirtschaftsprüfer KPMG legitimiert (den Rettberg und Knöbl ob seiner Mitwirkung bei den Expansionsplänen für Deutschland als voll informiert bezeichneten). Und: Das Gutachten sei über Investmentbanken wie CA-IB auch der TA bekannt gewesen.

Wie auch immer, die sohin wertvolle Libro-Deutschland ermöglichte die Ausschüttung von 31,9 Mio. Euro Sonderdividende an die in der UD-AG versammelten Libro-Altaktionäre, was die Libro-Schulden in die Höhe trieb. Während die Verteidiger nicht müde werden zu betonen, dass die 1998/99 vom nunmehrigen Hypo-Alpe-Adria-Chef Gottwald Kranebitter geführte KPMG für ihr Gutachten in die Pflicht zu nehmen sei, rechtfertigt diese ihre Expertise so: Die "Stellungnahme" über Libro-Deutschland habe sich auf den "subjektiven Wert" von Libro-Deutschland bezogen und "lediglich für Bilanzierungszwecke" gedient, aber nicht auf den "objektiven Wert" für "Ausschüttungszwecke". Man sei über die Dividende nicht informiert gewesen.

Skeptisch bezüglich KPMG war auch die Anklagebehörde. Man habe aber nicht nachweisen können, dass KPMG "nicht von Libro getäuscht wurde", sagte Staatsanwalt Fuchs auf STANDARD-Anfrage.

Gut informiert muss CA-IB gewesen sein: Sie suchte 1996/97 beim Verkauf durch Billa für den Mittelstandsfinanzierer UIAG Libro-Käufer und entwickelte Konzepte. 1999 "fand" sie die TA, die UIAG & Co ihre Libro-Aktien abkaufte. 2000 wechselte sie ins Bankenkonsortium, das den TA-Börsengang betreute. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.1.2011)