Die Strafsache AvW rund um Wolfgang Auer-Welsbach ist um einen Beschuldigten reicher: nach Standard-Informationen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Es geht um Untätigkeit der damaligen Bundeswertpapieraufsicht, die nach der Prüfung von AvW 2001 trotz brisanter Ergebnisse nicht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte. Der Verdacht: Amtsmissbrauch. Dass auch gegen Grasser ermittelt wird, sei eine "Formalsache", so die Justiz.

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Wien - Neue Unbilden kommen auf Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu. Diesmal dräuen sie aus der Causa AvW heran - genauer gesagt aus der Sub-Causa Bundeswertpapieraufsicht (BWA). Die BWA war bis 2002 Aufsichtsbehörde für den Kärntner Finanzdienstleister AvW des Wolfgang Auer-Welsbach; 2002 wurde die BWA von der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA abgelöst.

Seit September ermittelt die Klagenfurter Staatsanwaltschaft (zuvor war es die Korruptionsstaatsanwaltschaft), wie berichtet, gegen den ehemaligen BWA-Juristen Rainer W. wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Man untersucht, warum die BWA nach ihrer kritisch ausgefallenen Vor-Ort-Prüfung der AvW 2000 nicht aktiv wurde und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat.

Im Laufe der Ermittlungen nach dem Grund für die Untätigkeit und etwaigen Interventionen für Auer-Welsbach haben die Kärntner Staatsanwälte nun den Kreis der Beschuldigten erweitert: um Karl-Heinz Grasser als damals verantwortlichen Bundesminister für Finanzen sowie "Verantwortliche" des Bundesministeriums für Finanzen. Das bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Helmut Jamnig, am Mittwoch auf Standard-Anfrage. Er sagte aber auch dazu, dass die Nennung des zuständigen Ministers als Beschuldigter in dem Zusammenhang "Formalsache" sei.

Grassers Anwalt Manfred Ainedter weist die Vorwürfe zurück: "Da ist nichts dran. Grasser wurde mit der Prüfung der AvW nie befasst, zudem war die BWA weisungsfrei." Zur Erinnerung: Die 1998 ausgegliederte BWA ressortierte zum Finanzministerium und selbiges wurde von 2000 bis Jänner 2007 von Grasser geleitet.

Der Prüfbericht der BWA hatte damals gravierende Mängel festgestellt, vor allem die "nicht lückenlos nachvollziehbare Kursbildung beim AvW-Genussschein" . Doch der Chef der BWA-Rechtsabteilung riet seinem Vorstand (Thomas Goldmann und Michael Hysek) am 18. April 2001 schriftlich davon ab, die Staatsanwaltschaft "wegen des Vorwurfs, Auer-Welsbach habe ... die Kunden getäuscht, einzuschalten" - was dann auch nicht geschah.

Rainer W. rechtfertigte das bei Bekanntwerden des Verdachts im Standard im September 2009 (seither ist er nicht zu erreichen) so: "Wir hatten gute Gründe für diese Entscheidung" . Eine Intervention für Auer-Welsbach schloss er "hundertprozentig aus" . Pikant an der Sache: Angezeigt hat diese Vorgänge (oder besser: Nicht-Vorgänge) die FMA. Etwaigen Verfehlungen der BWA würden sicher Amtshaftungsklagen gegen die Republik folgen.

Die Spur des Geldes

Während in der Causa BWA, gegen ehemalige Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Auer-Welsbachs (Verdacht der Bilanzfälschung), gegen Ex-Manager der AvW-Gruppe und Broker weiterermittelt wird, dürfte das Betrugsverfahren gegen Auer-Welsbach am Montag geschlossen werden. Er will gestehen. Der Vorwurf der Bilanzfälschung könnte aber offen bleiben.

Offen ist auch, wo jene 37 Millionen Euro stecken, von denen Auer-Welsbach am 12. Jänner sprach. Es geht um Einzahlungen von Anlegern an ihn persönlich, zwischen 1993 und 1998 (er hat die allerersten Genussscheine selbst gezeichnet und dann verkauft). Bisher ist das Geld nicht aufgetaucht - allerdings hat die Justiz die Privatkonten des AvW-Gründers erst jüngst geöffnet.

Die BWA, und da schließt sich der Kreis, hatte aber offenbar Hinweise. Auer-Welsbach hat seine Bank RBB Klagenfurt (da fand jüngst eine Hausdurchsuchung statt) einst schriftlich beauftragt, für diese Einnahmen Privatkonten für ihn anzulegen. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.1.2011)