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Kenianische Kinder holen Trinkwasser an einem Bach. Für große Teile Afrikas werden Klimaänderungen die Lage weiter verschlechtern.

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Günther Fischer plant die künftige Landnutzung.

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Die gute Nachricht: Prinzipiell hätte unser Planet genügend Ressourcen, um alle zu ernähren. Die schlechte: Sie sind nicht gleichmäßig verteilt.

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Der Schlüssel zur Nahrungsmittelproduktion ist Wasser - und damit eine wesentliche Engstelle in der globalen Entwicklung. Der größte Wasserverbraucher ist die Landwirtschaft: Rund 70 Prozent des weltweiten Bedarfs gehen auf ihr Konto, wobei geschätzte 40 bis 50 Prozent der Nahrungsproduktion auf künstlich bewässertem Ackerland erfolgen.

19 Prozent des weltweit kultivierten Landes werden derzeit bewässert - Tendenz steigend: "Der erhöhte Nahrungsbedarf einer wachsenden Bevölkerung wird in erster Linie nicht über die Erhöhung der Ackerbauflächen, sondern über eine Intensivierung der Landwirtschaft erfolgen" , sagte Günther Fischer vom IIASA (International Institute for Applied Systems Analysis) Laxenburg Ende vergangener Woche bei einer Veranstaltung der Kommission für Interdisziplinäre Ökologische Studien (KIÖS) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum Thema Wasser.

Fischer, der seit 1995 das Forschungsprogramm "Land Use Change and Agriculture" leitet, arbeitet seit 30 Jahren mit der UN-Welternährungsorganisation FAO zusammen. Gemeinsam haben IIASA und FAO ein geografisches Analyse-Modell entwickelt, das es ermöglichen soll, die jeweilige Landnutzung in einer Region unter Berücksichtigung der Umwelt optimal zu planen - also auch angepasst an die jeweilige Wassersituation. Zu den Planungsfaktoren zählen etwa die Wahl der Feldfrüchte bzw. der Sorten oder der optimale Zeitpunkt für deren Anbau. Die Daten für dieses ökophysiologische Modell wurden laut Fischer in den letzten zwei bis drei Jahren auf den neuesten Stand gebracht und sollen bereits in den nächsten Wochen via Internet allgemein zugänglich sein.

Klimawandel und China

Selbstverständlich spielt das Klima eine gewaltige Rolle für die Verfügbarkeit von Wasser in einer Region. "In manchen Gebieten ist die Wasserverfügbarkeit der wichtigste Faktor bei der Beurteilung der Folgen des Klimawandels" , sagt Fischer. "Die Auswirkungen der Klimaänderungen werden geografisch sehr unterschiedlich sein. Während in einigen Ländern, wie etwa Russland, Ost- oder auch Zentralasien, verbesserte Produktionsmöglichkeiten zu erwarten sind, ist für große Teile Afrikas mit einer Verschlechterung der Lage zu rechnen. Dadurch werden auch die Unterschiede zwischen Armen und Reichen sehr wahrscheinlich größer."

Besonderes Augenmerk liegt bei allen weltweiten Betrachtungen auf China, beherbergt es doch rund ein Viertel der Erdbevölkerung. "Über die Zukunft der Welt wird in China entschieden oder zumindest mitentschieden" , ist Verena Winiwarter, Dekanin der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, überzeugt. "Dort sind mehr als 40 Prozent der landwirtschaftlichen Produktionsflächen bewässert" , fügt Fischer hinzu, "und die Anbauflächen sind kaum erweiterbar. Bis 2050 dürfte der Wasserbedarf der Kulturpflanzen um zehn Prozent und mehr steigen." Damit ist auch mit einem Anstieg der Bewässerung zu rechnen, vor allem für Mais, der auch als Futtermittel in der Fleischproduktion eine große Rolle spielt.

Der Mais ist noch in einer anderen Hinsicht interessant, gehört er doch zu einer Pflanzengruppe, in deren Anbau laut Pflanzenwissenschafterin und ÖAW-Mitglied Marianne Popp zumindest eine teilweise Lösung des Problems des steigenden Wasser- und Nahrungsbedarfs liegen könnte: Mais ist, ebenso wie Hirse und Zuckerrohr, eine sogenannte C4-Pflanze. Diese haben den Vorteil, viel wassersparender zu arbeiten als die gewöhnlichen Pflanzen, die dem C3-Typ angehören. Während nämlich C3-Pflanzen für die Erzeugung von einem Gramm Trockenmasse zwei bis drei Viertelliter Wasser benötigen, kommen C4-Pflanzen für denselben Ertrag mit einem Viertelliter aus.

Ein besonders günstiges Verhältnis zwischen Biomasseproduktion und Wasserbedarf weisen etwa die Hawaii-Ananas oder das bis zu vier Meter hohe Riesen-Chinaschilf auf, das vor allem als Energiepflanze zunehmend auf Interesse stößt. Denkbar wäre auch die Nutzung von Algenkulturen, sei es für die Biomasse-Erzeugung oder auch als Nahrungsmittel. "Vielleicht werden wir demnächst einmal Algen essen" , sagt Popp.

Hochwasser in den Slums

Und wie wird sich das Klima in Bezug auf Wasser zeigen? Werden etwa, wie man angesichts der Schlagzeilen der letzten Wochen annehmen könnte, die Hochwässer schlimmer? Dass man diese Frage differenziert betrachten muss, zeigte Günter Blöschl vom Institut für Hydrologie und Wasserwirtschaft der TU Wien. So hat sich etwa in Afrika die Zahl der Hochwassertoten von 1950 bis 2009 verachtfacht, obwohl sich die Hochwasserereignisse selbst nicht wesentlich geändert haben. Tatsächlich korrelieren die Verluste an Menschenleben mit der Bevölkerungsdichte, die in diesem Zeitraum in den urbanen Gebieten um das 15-Fache gestiegen ist - vor allem in den Slums, die häufig an Flüssen liegen.

Auch die in Europa verzeichnete Zunahme von Sachschäden durch Hochwässer geht nicht auf das vermehrte Ansteigen der Wasserpegel zurück, sondern auf einen Anstieg der Vermögenswerte. In Österreich war in den letzten 30 Jahren an rund 30 Prozent der Messstellen allerdings tatsächlich ein Anstieg der Niederschläge und der Hochwässer zu verzeichnen. Dramatische Veränderungen sind laut Blöschl trotzdem nicht zu erwarten, am ehesten "saisonale Verschiebungen" . (Susanne Strnadl/DER STANDARD, Printausgabe, 26.01.2011)

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Wissen: Verbrauch und Verschwendung

Österreich ist ein wasserreiches Land: Jährlich stehen ca. 84 Milliarden Kubikmeter Wasser zur Verfügung, wovon insgesamt 2,6 Milliarden genutzt werden. Davon entfallen 0,8 Milliarden auf Trinkwasser (das entspricht in etwa der Wassermenge des Wolfgangsees), 1,6 Milliarden auf Brauchwasser in Gewerbe und Industrie und 0,2 Milliarden auf landwirtschaftliche Bewässerung.

Unser Trinkwasser stammt fast zur Gänze aus Grund- und Quellwasser. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch, wenn man Gewerbe, Industrie und Großverbraucher weglässt, beträgt ca. 130 Liter pro Tag, ein Vier-Personen-Haushalt benötigt demnach rund 200 Kubikmeter Wasser pro Jahr. Defekte Installationen können dabei kräftig zu Buche schlagen: Tropfende Wasserhähne verursachen einen Wasserverlust von bis zu fünf Liter täglich, rinnende Spülkästen bis zu 1500 Liter täglich.

Die zehn größten Wasserverbraucher der Welt sind Indien, China, die USA, Pakistan, Japan, Thailand, Indonesien, Bangladesch, Mexiko und die Russische Föderation. Etwa zwei von drei Menschen auf der Welt leben ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Diesen Anteil bis 2015 zu halbieren ist eines der Millenniumsziele der Vereinten Nationen. Circa1,4 Millionen Kinder sterben jährlich an vermeidbaren Durchfallerkrankungen, die mit Wasser, Abwasser und Hygiene in Zusammenhang stehen. (strn)