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IIHF-Präsident René Fasel drängt auf die Wiedereinführung der Champions Hockey League.

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Der erste (und letzte) CHL-Titelträger kam aus der Schweiz: 2009 triumphierten die ZSC Lions aus Zürich.

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Von "großer Eishockey-Politik", einer "Anerkennung für die EBEL" und einem "fixen Champions League-Startplatz" war vergangene Woche in einer Mitteilung auf erstebankliga.at die Rede. Ein Puck, der von diversen Print- und Onlinemedien im Lande gerne aufgenommen und in Form richtiggehend euphorischer Artikel überschwänglich weitergespielt wurde. Vielfach wähnte man das österreichische Vereinshockey endlich im "Konzert der Großen" angekommen.

Doch die Realität stellt sich anders dar: Im vielschichtigen Machtgefüge des europäischen Eishockeys stehen sich Gruppen mit gänzlich unterschiedlichen Interessen gegenüber, der am vergangenen Donnerstag in Zürich ausgehandelte und präsentierte Vorschlag des Weltverbandes ist nur eines von mehreren Zukunftsszenarien. Und zwar nicht das mittel- und langfristig erfolgversprechendste, betrachtet man die nicht gerade kurze Liste an in der Vergangenheit gescheiterten IIHF-Projekten zur Etablierung eines funktionierenden internationalen Bewerbs und berücksichtigt man die Dynamik, welche in den vergangenen beiden Jahren in den Diskussions- und Gestaltungsprozess des "europäischen Hockeys von morgen" gekommen ist.

Altlasten und Euphoriebremsen

Bereits im Dezember verschickte der Weltverband Einladungen zur Teilnahme am Neustart der Champions Hockey League (CHL) zur Saison 2011/12 an einige der führenden Klubs des Kontinents, nicht überall fiel die Idee auf fruchtbaren Boden: Einige Teilnehmer aus der letzten CHL-Auflage (2008/09) warten bis heute auf die ihnen zugesicherten Prämien (die im Großen und Ganzen ohnehin nur die entstandenen Kosten decken), der damals qualifizierte SC Bern hat die IIHF für die Absage der CHL 2009/10 sogar beim Internationalen Sportgerichtshof auf Schadenersatz verklagt. Schwedens Erstligavereine äußerten wenige Tage nach dem Erhalt der Einladungen ihre kollektive Ablehnung gegenüber eines Wiederbelebungsversuchs der Champions Hockey League. Auch in Russland hielt sich die Begeisterung in Grenzen, strebt die KHL doch nach weiterer Expansion und dichterem Terminkalender - eine Entwicklung, in der ein europäischer Klubbewerb eher als lästige Pflicht wahrgenommen werden würde.

KHL mit indirektem Weg nach Westen

Dass die IIHF nach zwei Spielzeiten ohne CHL auf eine rasche Wiedereinführung des Bewerbs drängt, kommt nicht überraschend. Vielmehr sind diese Bestrebungen Ausdruck einer gewissen Nervosität beim Weltverband, dem die Zügel zur Steuerung der Entwicklung einer internationalen Meisterschaft langsam aber sicher entgleiten. Hinter den Kulissen bauen die Vereine längst an einer gemeinsamen Zukunft, über deren Gestaltung sie selbst bestimmen. Federführend sind dabei die Klubs aus Schweden und Finnland, deren Pläne in Richtung einer eigenverwalteten europäischen Liga gehen, wie derStandard.at bereits im September berichtete. Neu ist, dass mittlerweile auch die KHL in eine ähnliche Richtung arbeitet: Nachdem in den letzten beiden Jahren sämtliche Expansionspläne in Richtung Westen - primär tschechische und slowakische Klubs betreffend - scheiterten, sucht Russland nun alternative und indirekte Wege. Zuletzt kam es dabei zu einer zarten Annäherung mit den nordeuropäischen Vereinen, so hat die KHL der "HUB Europa" knapp 1,35 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um mögliche Überlappungen zwischen einer zukünftigen, von den Klubs selbst gesteuerten europäischen Liga und der KHL zu ergründen.

Weltverband unter Zugzwang

Derartige Entwicklungen setzen die IIHF unter zunehmend starken Druck, der Reanimationsversuch der CHL ist also durchaus als Flucht nach vorne zu verstehen. Daher verwundert es auch nicht, dass der Weltverband zuletzt den zentralen Forderungen von "Hockey Europe", dem Interessensverband der sieben europäischen Topligen, nachgegeben hat: Dieser verlangte einen fixen Startplatz für einen Vertreter der EBEL und erhielt diesen vergangene Woche auch zugebilligt. Noch im Dezember war in den von der IIHF präsentierten Plänen davon keine Rede gewesen.
Bis 17.Feber haben die Verbände, Ligen und Vereine nun Zeit, sich zu den Vorschlägen des Weltverbandes zu äußern, dann wird über die Zukunft der CHL entschieden.

Doppelstrategie

Dem EBEL-Manager Christian Feichtinger, aktuell Vorsitzender von "Hockey Europe", ist damit zweifellos ein Verhandlungserfolg geglückt. Allerdings einer, dessen Bedeutung in Österreich tendenziell überschätzt wird. Denn viele der führenden Klubs des Kontinents, teilweise ganze Ligen, zeigen wenig bis kein Interesse an einer Champions Hockey League bzw. ihrer nachhaltigen Verankerung im Eishockey-Europa der Zukunft. Schon bevor überhaupt feststeht, ob es in der kommenden Saison eine CHL geben wird, ist dem Bewerb, für dessen Durchführung die IIHF in den nächsten drei Jahren jeweils 4,53 Millionen Euro budgetiert hat, ein Ablaufdatum beschieden.

Denn wenn Europas Topklubs ihre Pläne eine europäische Profiliga betreffend realisieren, wovon spätestens bis zur Mitte der Dekade auszugehen ist, wird der Stellenwert einer Champions League (sofern es diese dann überhaupt noch gibt) schlagartig ins Bodenlose sinken. Für die EBEL und ihre Klubs empfiehlt sich daher eine Doppelstrategie: Von den (vornehmlich in den Bereichen Imagepflege und Ansehen angesiedelten) Benefits einer CHL-Teilnahme so lange zu profitieren, wie es sich sportlich und wirtschaftlich als sinnvoll erweist, sich im Hintergrund jedoch möglichst eng an die von Vereinen gesteuerten Entwicklungen hinein in ein neues Zeitalter für Eishockey-Europa zu knüpfen. Wichtig erscheint dies mittel- und langfristig vor allem aus strategischer Sicht: Kommt eine europäische Profiliga, wird mindestens ein Klub die EBEL verlassen, zwei weiteren darf zumindest loses Interesse in diese Richtung unterstellt werden. Bis dahin muss die Liga Szenarien ihre Zukunft betreffend entwickelt haben, anstatt sich im vermeintlichen Glanz eines fixen CHL-Startplatzes zu sonnen. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 25.Jänner 2011)