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Derzeit noch ohne Tische für ihre vielen Unterlagen, aber nicht mehr lange: Vier Beschuldigte im Tierschützerprozess, ganz rechts Hauptangeklagter Martin Balluch.

Foto: APA/Fohringer

Manche Fragen drängen sich auf. Manche Fragen werden dennoch lange nicht gestellt. Jene etwa, ob das Einsammeln von Trinkflaschen im Auftrag der Soko-Tierschutz, um die DNA-Spuren Verdächtiger zu sichern, nur der "Gefahrenabwehr" dient. Oder ob es sich nicht um einen Ermittlungsschritt für die Polizei handelt, im Auftrag der ermittelnden Staatsanwaltschaft.

Trinkflaschen gesammelt, um für die Soko-Tierschutz DNA-Spuren zu sichern, hatte im Jahr 2008 eigenen Angaben zufolge "Danielle Durand", die verdeckte Tierschützer-Ermittlerin. "Zur Verhinderung von Straftaten" - so ihr offizieller Auftrag - spionierte sie 16 Monate lang in Aktivistenkreisen. "Ich habe auftraggemäß gehandelt", wich sie am Montag, beim wiederaufgenommenen Tierschützerprozess in Wiener Neustadt, Vorsitzende Sonja Arleth bei dem kniffligen Punkt aus.

Arleth drang nicht weiter in sie. Das blieb Verteidiger Jürgen Stephan Mertens vorbehalten, der "Durand" nach der Mittagspause, eine bundesdeutsch präzise Frage stellte. "Wird die Abnahme von DNA-Spuren noch von der Grefahrenabwehr umfasst?", wollte er wissen. Und konnte so immerhin herausarbeiten, dass die blasse Frau mit der falschen Braunhaarperücke an diesem Punkt partout keine direkte Antwort geben wollte. "Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, was mir dazu in meiner Ausbildung vermittelt worden ist", entgegnete sie - wie schon im Dezember per Videowall: Die Einvernahme findet, um sie zu schützen, kontradiktorisch statt.

Überhaupt kam an diesem 64. Verhandlungstag im Prozess wegen "krimineller Organisation" trotz spannender Fragen der Verteidigung wenig Substanzielles heraus. Das Protokoll einer Aussage von Soko-Leiter Erich Zwettler während seiner Befragung vor Gericht etwa war unauffindbar.

Knifflige Antwort vertagt

Laut Verteidiger Stefan Traxler soll Zwettler gesagt haben, "Durand" sei nur bis Ende 2007 im Einsatz gewesen: Wenn er das wirklich so von sich gegeben haben sollte, pikant - da mit 2008 eine Strafprozessordnungsnovelle in Kraft trat, die derlei Aufträge neu und präziser regelte. Denn tatsächlich hat die verdeckte Ermittelrin auch 2008 noch an Tiertransportverfolgungen und Jagdstörungen teilgenommen. Die Beantwortung der Traxler-Frage wurde vertagt

An Straftaten der Beschuldgten, die über Verwaltungsdelikte hinausgegangen wären, konnte sich "Durand" auch am Montag nicht erinnern. Überraschend authentisch wirkend - was sich sogar per Video mitteilt - schilderte die Polizeispionin zum Beispiel, wie sie "als Tierschutzaktivistin" ein Interview gab.

Für mehr Spannung hatte vormittags der Antrag der Beschuldigten gesorgt, Tische zur Ablage ihrer Dokumente beigestellt zu bekommen: Arleth stimmte zu. Bisher lagen die Beschuldigtenunterlagen auf dem Boden. Und auf den Damentoiletten hatten Unbekannte die Klopapierrollen ausgetauscht: "Paragraf 278a fürn Oa..." stand auf jedem Blatt.

Von einer "offenbar verfahrenen Situation bei diesem 278a-Prozess" sprach am Montag indes der Verfassungsrechtler Bernd-Christan Funk. Dass Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, wie DER STANDARD berichtete, trotz Staatsanwaltsberichts keine Weisungen erteilt hat, sei "erwartbar" gewesen: "Jetzt müssen der Staatsanwalt oder die Richterin einen Ausweg finden." (Irene Brickner, DER STANDARD; Printausgabe, 25.1.2011) 

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