Bild nicht mehr verfügbar.

Nat Lofthouse reckt 1958 den FA-Cup .

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Kapitäne Kevin Davies und John Terry bei der Gedenkzeremonie 2011.

Foto: AP/Super

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Noble

Bild nicht mehr verfügbar.

Florent Malouda im Begriff das zweite Londoner Goal zu besorgen.

Foto: APA/EPA/Parnaby

Bolton - Seit Ende Oktober hat Chelsea kein Auswärtsmatch in der Premier League mehr gewinnen können, ehe am Montag die schwierige Reise nach Bolton auf dem Programm stand. Fast mehr Aufmerksamkeit als die Partie selbst fand im Vorfeld aber die Suspendierung von Richard Keys und Andy Gray, die für den TV-Sender Sky Sports aus dem Reebok-Stadion berichten sollten. Sexistische Bemerkungen die das Duo im falschen Glauben, die Mikrophone seien abgeschaltet, im Plauderton von sich gegeben hatte, waren der Grund. Gerichtet waren sie gegen die Schiedsrichter-Assistentin Sian Massey, die bei ihrem Einsatz beim Spiel Wolverhampton gegen Liverpool am Samstag übrigens eine hervorragende Leistung gebracht hatte, sowie gegen West Hams Vize-Chefin Karren Brady.

Bolton, das bisher eine solide Saison hingelegt hatte, musste bisher erst eine Heimniederlage (gegen Liverpool) hinnehmen und befindet sich noch mit im Rennen um einen Platz im internationalen Geschäft. Die Meisterschaft wird sich für die Wanderers, die eigentlich in der Stadt Horwich beheimatet sind, aber natürlich nicht mehr ausgehen - wie auch schon in ihren  71 Erstliga-Saisonen davor. Das ist übrigens Rekord. Immerhin vier FA-Cup-Trophäen stehen jedoch in den Klub-Vitrinen, der letzte Titelgewinn gelang 1958 mit einem 2:0 Finalsieg gegen Manchester United. Beide Tore waren damals auf das Konto von Nat Lofthouse gegangen, Boltons größtem Sohn, der vor wenigen Tagen 85-jährig verstorben ist.

One-club man Lofthouse war ein klassischer Mittelstürmer englischer Prägung mit einer Vorliebe für den Kopfball - und immens torgefährlich. 255 Mal traf er für Bolton in über 500 Einsätzen in der Meisterschaft zwischen 1946 und 1960. Geradezu grandios die Quote des ehemaligen Bergmanns im Dress des Nationalteams: 30 Treffer in 33 Spielen. 1952 wurde er in Wien gegen Österreich nach seinem 3:2-Siegestor für die Briten ausgeknockt, hielt aber selbstredend bis zum Ende durch. Das brachte Lofthouse den Ehrentitel "Löwe von Wien" ein. Bis zu seinem Tod blieb er Präsident der Wanderers.

Seine Nachfolger könnten einen wie ihn ganz gut brauchen, zuletzt gab es für Bolton einen Lauf von vier Spielen ohne Sieg - darunter eine Niederlage an der Stamford Bridge. "Es wird ein emotionaler Abend", sagte Manager Owen Coyle vor dem ersten Heimspiel nach dem Ableben des Löwen. "Ich bin ziemlich sicher, dass Nat herunterschauen wird und es ist wichtig, dass wir eine gute Vorstellung geben." Die Lage Chelseas ist so bekannt wie ungemütlich, zehn Punkte hinter ManUnited gelegen, galt das griffige Motto: Verlieren verboten. Carlo Ancelotti fehlte der angeschlagene Frank Lampard, John Terry hingegen war rechtzeitig fit geworden.

Die Londoner mussten sich nach dem Anpfiff gleich eines im Vorwärtsgang befindlichen Boltons erwehren - Kevin Davies vergab nach einer Vorlage von Sturmpartner Johan Elmander per Kopf an der Fünfmeter Linie eine erste gute Gelegenheit, während die Londoner angesichts des angeschlagenen scharfen Tempos erst einmal um Sortierung bemüht waren. Dann verlor Gretar Steinsson den Ball an Florent Malouda, der fand den Weg zu Didier Drogba und der Ivorer lief noch ein paar Meter ehe er aus halblinker Position abdrückte und aus großer Distanz mitten ins Tor traf. Der durch die Luft rudernde Keeper Jussi Jääskelainen machte dabei nicht die beste Figur, auch wenn die reichlich instabile Flugbahn zu seiner Verteidigung ins Treffen geführt werden könnte.

Wie dem auch sei, effektiver kann ein inspirierter gegnerischer Start eigenltlich nicht gemeuchelt werden. Viel sprach nun für Chelsea, das nach einer Führung zuletzt 15 von 16 Spielen gewinnen konnte. Bolton gab sich in der Folge alle Mühe der Wahrscheinlichkeit zu trotzen, die Wanderers rannten sich das Herz aus dem Leib, brachten aber nicht mehr als die ein oder andere ganz gute Flanke (besonders eifrig: Martin Petrow) zuwege. Die seltenen Chelsea-Konter hatten im Vergleich dazu den Anflug von Mühelosigkeit, etwa als Anelka nach einem simplen Steilpass die Schnittstelle der Viererkette perforierte, jedoch an Jääskelainen scheiterte (29.). Bolton antwortete mit einem Taylor-Kopfball, der nur knapp am langen Eck von Peter Cechs Gehäuse vorbeiwischte.

Langsam begannen dann Drogba und seine Flügelkollegen Anelka und Malouda den ihnen reichlich zugestandenen Raum auch zu nützen. Kurz vor der Pause war es letzterer, der Chelseas Führung verdoppelte. Nach einem von ihm selbst ausgeführten Corner tauchte der Franzose ausnahmsweise rechterhand im Bolton-Strafraum auf, was die Wanderers-Verteidigung verwirrt haben dürfte. Denn nach einem abgeblocken ersten Versuch durfte Malouda nocheinmal hinlangen - und diesmal fand der Ball aus spitzem Winkel den Weg über die Linie (41.). Kurz vor der Pause dann etwas Glück für die Gäste, als Cech gerade so irgendwie einen artistisch ausgeführten Volley des mit dem Rücken zum Tor stehenden Elmander in den Corner abwehren konnte (44.).

Nach der Pause war Chelsea deutlich erfolgreicher im Bemühen, Bolton vom eigenen Tor fernzuhalten. Die gewachsene Sicherheit war evident, auch bei Michael Essien. Der Mittelfeld-Abfangjäger schaltete sich in der 56. Minute in einen Konter ein, sein Pass von links herein zur Mitte auf der Suche nach Drogba konnte noch abgewehrt werden, ehe Anelka den zurückprallenden Ball in aller Gemütlichkeit zum 0:3 versenkte. Wieder hätte Jääskelainen seine Sache vermutlich besser machen können,  als er den Schuss ins Keeper-Eck passieren ließ, der zuvor durch die Beine Stuart Holdens gegangen und so leicht abgefälscht worden war. Nun war natürlich klar, dass Boltons üble Bilanz gegen die Blues nicht einmal milde würde aufpoliert werden: ein einziger Sieg steht in den letzten 21 Begegnungen zu Buche.

Es kam noch schlimmer. Wieder war es Essien, der sich erneut linksaußen sehenswert durchsetzte - ein entschlossener Antritt samt Schuss Anelkas folgten. Und wieder ward ein Abpraller Grundlage für ein weiteres Goal, als diesmal Ramires überlegt in die lange Ecke einpasste (74.). Übermütige Freudenkundgebungen folgten dem ersten Treffer des Brasilianers im Chelsea-Dress. Mit dem 0:4 war das Vorjahres-Ergebnis eingestellt und besonders Anelka bemühte sich in der Folge um eine weitere Erhöhung. Mehrmals fehlte nicht viel zum Erfolg, doch letztlich änderte sich dann doch nichts mehr am Resultat. Chelsea war nach wackeligen ersten zehn Minuten immer besser geworden, phasenweise wurde ein Abglanz alter Stärke sichtbar. Im Bewusstsein des sicheren Sieges ließen die Londoner dann auch wieder lange vermisste Spielfreude aufblitzen. Und wer weiß, vielleicht wird dieser Sieg dereinst als erster Schritt Chelseas zurück zu sich selbst erinnert werden. (Michael Robausch)

Bolton: Jääskelainen, Steinsson, Robinson, Cahill, Knight, Muamba (63. M.Davies), Taylor, Holden (87. Blake),Petrow (63. Rodrigo), Elmander, K. Davies

Chelsea: Cech, Ivanovic, Cole, Bosingwa, Terry, Essien, Ramires (77. Kalou), Mikel (72. McEachran), Malouda, Drogba, Anelka