Istanbul - Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat den israelischen Untersuchungsbericht zum blutigen Militäreinsatz gegen die Gaza-"Solidaritätsflotte" als wertlos zurückgewiesen. Der Bericht, der das Vorgehen der israelischen Soldaten gegen ein türkisches Hilfsschiff als rechtmäßig verteidigt, sei eine Auftragsarbeit, zitierten türkische Medien Erdogan am Montag. Eine von der Türkei eingesetzten Untersuchungskommission warf Israel unterdessen einen Bruch internationalen Rechts vor.

Bei der Stürmung des türkischen Schiffs "Mavi Marmara", das im Mai 2010 mit Kurs auf den von Israel abgeriegelten Gazastreifen fuhr, waren neun türkische Aktivisten getötet worden. Ein UNO-Bericht warf Israel vor, es habe mit der Stürmung des Schiffs gegen internationales Recht verstoßen. Das unverhältnismäßige Vorgehen habe ein Maß an völlig unnötiger und unglaublicher Gewalt demonstriert.

"Erstürmung in internationalen Gewässern legal"

Der Vorsitzende des israelischen Untersuchungsausschusses, Richter Yaakov Turkel, sagte nun dagegen: "Die Erstürmung in internationalen Gewässern war legal." Auch nach internationalem Gesetz sei es nicht erlaubt, eine Seeblockade zu durchbrechen. Der Kapitän der "Mavi Marmara" habe sich auch nach mehrfachen Aufforderungen geweigert, den Kurs zu wechseln. Die Aktivisten an Bord hätten zudem mehrere Versuche der israelischen Marine verhindert, von Booten aus auf die "Mavi Marmara" zu gelangen und dann Soldaten hart angegriffen.

Die Türkei hatte bereits nach Einrichtung der israelischen Untersuchungskommission betont, die interne Prüfung sei bedeutungslos. Als Angeklagter könne Israel nicht zugleich Richter und Staatsanwalt sein. Seit dem blutigen Vorfall herrscht zwischen den ehemaligen Bündnispartnern Israel und der Türkei weitgehend Funkstille.

Die Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) wertet den Bericht der israelischen Untersuchungskommission als Rückschlag für die Forderung, die Blockade des Gazastreifens zu beenden. "Dass die Kommission die dreieinhalb Jahre andauernde Seeblockade für mit internationalem Recht vereinbar erklärt, ist inakzeptabel", kritisiert IPPNW-Vorstandsmitglied Matthias Jochheim, der zur Gruppe der fünf deutschen Passagiere auf der "Mavi Marmara" gehörte.

Ein Fortschritt sei jedoch, dass die israelische Turkel-Kommission die israelische Regierung aufruft, die medizinische Versorgung der Menschen im Gazastreifen zu verbessern und Wege zu finden, ihre politische Ziele durchzusetzen, ohne die Zivilbevölkerung zu treffen, erklärte IPPNW. (APA/dpa)