Ich glaub, ich spinne. Ich steh im Fahrerlager, als meine Startnummer aufgerufen wird. "101 bitte an den Start kommen. 101 an den Start." Ich schau noch einmal ungläubig an mir herunter. Doch, da steht 101.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Und da steh ich. Beim Snowspeedhill in Eberschwang, im Fahrerlager. Mit einer Pudelhaube auf, statt eines Helmes. Und wie ich so gewandet, mit gesenktem Haupt zum Starter schlurfe, schauen mir rund 3000 Menschen zu. Doch von Anfang an.

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Am Freitag in der Früh weiß noch niemand der 155 Starter, was er am Samstag machen wird. Supermoto-Staatsmeister Hanson Schruf überlegt, ob er nicht ein wenig trainieren gehen soll und hat die Freaks, wie er seine Motorrad-Satelliten nennt, schon alarmiert. Deswegen überlegt Sabine Pulz auch gar nicht, ob sie die Schneereifen auf ihren Quad montiert.

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Ich selbst hoffe, dass es in Eberschwang zu warm ist, als dass die Schneekanonen aus vollen Rohren schießen können und das Snowspeedhill wegen Gras- statt Schneepiste verschoben werden muss. Denn das könnte meine Zeit hier auf Erden erheblich verlängern.

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Gegen Mittag gibt Renn-Organisator Joe Lechner dann doch grünes Licht. Die Viertelmeile der Rennstrecke neben dem Skilift Eberschwang liegt unter einer dicken Kunstschneedecke. Sabine Pulz und Hanson Schruf schnüren den Ranzen. Als ich am Samstag auf die Strecke komme, schraubt Martin Sulzbacher, der geheime Teamchef des Hanson Schruf, gerade die Schnee-Räder auf Sabines Quad.

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Sulzbacher gibt Schurf noch die Taktik mit an den Start der Trainingsläufe – "Gas!". Schruf denkt noch weiter: "Wichtig wird es sein, gut aus der Startmaschine zu kommen und dann schnell Speed aufzubauen, damit das Vorderrad aus dem Schnee kommt." Schruf fährt einen Trainingslauf und stellt dann wieder ab.

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Sabine Pulz zeigt mit ihrem Quad den Männern gleich, wo der Hammer hängt, und fährt schon im Training einen fantastischen Lauf. Wie eine Besinnungslose reißt die junge Niederösterreicherin am Gas und dreht erst wieder ab, als sie die etwas mehr als 400 Meter Skipiste hinter sich hat und im Ziel ist.

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Gestartet wird in sechs Klassen. In der SH Open starten neben Hanson Schruf auch Enduroracer Niki Stelzmüller, Kurt Machtlinger und Lars Enöckl. Neben der SH 2 für 125 Kubikzentimeter große Zweitakter und 250er-Viertakter, treten rund 20 Damen in einer eigenen Wertung an, Sabine Pulz kämpft gegen fast 20 andere Quadfahrer.

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Die Schnellsten am Berg sind die Snowmobiles, die mit bis zu 150 km/h durchs Ziel fliegen. Die Mountainbike-Downhiller sind die einzigen, die im Ziel starten und in den Start zielen.

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Nach dem Vorlauf, in dem Schruf Zweiter wird, muss er nach dem Viertel-Finale, bei dem er Dritter wird, in den Hoffnungslauf. "Es ist entscheidend, die richtige Spur zu erwischen, sonst verschlägt es dir das Motorrad wie wild, und du hast keine Chance, den Lauf zu gewinnen."

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Die Fahrer, die im Hang scheitern, reißen tiefe Löcher in die Piste, und wenn sich darin das Vorderrad fängt, kannst du nur hoffen, dass du eh schon Letzter im Lauf bist, denn sonst fährt dir die ganze Partie um die Ohren. Den Hoffnungslauf gewinnt Schruf überlegen und steigt ins Halbfinale auf.

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Sabine Pulz lässt die Hoffnungsläufe aus. Sie holt sich im Vorlauf den zweiten Platz und gewinnt das Halbfinale. Im Finallauf zeigt sie erneut ihre gute Form auf und wird Zweite.

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Hanson Schruf hat im Halbfinale weniger Glück. Wegen des Frühstarts eines anderen Fahrers wird der Lauf abgebrochen und ein zweites Mal gestartet. Dort hat er Pech, kommt zu Sturz und muss abermals in den Hoffnungslauf, bei dem es ihn auf der ausgefahrenen Piste hin und her wandelt wie eine epileptische Flipperkugel.

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Es ist inzwischen finster in Eberschwang und mit dem Flutlicht ist es schwer, im zerfahrenen Hang noch einen Weg ins Ziel zu finden.

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Das Snowspeedhill 2011 in Eberschwang gewinnt Kurt Machtlinger vor Rudi Bauer und Stefan Ziegler.

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Wie es mir ging? Ich beweise, wie schlecht ich starte und komme im Viertelfinale als Letzter weg. Vor mir reißt eine weiße Wand auf, in die ich blind hineinrase. Zweiter Gang im Begrenzer.

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Erst als ich wieder etwas sehe, weil das Feld vor mir auf und davon fährt, merke ich, dass ich fast stehe. Die Yamaha reißt es wie angeschossen über die erste Steigung.

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 Erst als alle anderen im Ziel sind, dafange ich die Enduro, baue Geschwindigkeit auf und fahr den Rest des Hanges sauber rauf. Hoffnungslos Letzter. Hoffnungslos deswegen, weil ich mich damit natürlich nicht fürs Halbfinale und leider auch nicht für den Hoffnungslauf qualifiziere.

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Enttäuscht fahre ich aus dem Fahrerlager, bring die Enduro zum Verladen, tausche Helm gegen Pudelmütze und geh wieder zum Start, um mir Hansons Hoffnungslauf anzuschauen. Während ich am Weg zurück zum Rennen bin, gibt einer der Fahrer des Hoffnungslaufs auf und die Rennleitung entscheidet kurzerhand, dass Startnummer 101 starten darf und ruft aus: "101 bitte an den Start kommen. 101 an den Start."

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