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Mehr als 40 Unternehmen sollen sich an illegalen Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Weiterverrechnung der Lkw-Maut beteiligt haben.

Wien - Paukenschlag bei den Ermittlungen im Speditionskartell: Eine Reihe von Unternehmen hat nach Angaben der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nun vor dem Kartellgericht die Teilnahme an Kartellabsprachen im Speditionsbereich (SSK) eingestanden, teilte die Behörde mit.

Die BWB hatte bereits im Februar 2010 umfangreiche Ermittlungen gegen mehrere Dutzend Spediteure eingeleitet und Geldbußen in zunächst unbestimmter Höhe beantragt. Ein Kronzeuge hatte mit der BWB eng kooperiert und die Kartellabsprachen offen gelegt.

Enge Kooperation mit Kronzeugen

"Die Geständnisse bestätigen die Ermittlungen der Bundeswettbewerbsbehörde und die Angaben eines Kronzeugen, der mit der BWB kooperiert hat", so Theodor Thanner, Generaldirektor für Wettbewerb.

Man werde die vorliegenden Geständnisse der Unternehmen bei der späteren Bezifferung der Geldbußen am Ende des kartellgerichtlichen Verfahrens angemessen berücksichtigen, so die Behörde heute.

Laut den Ermittlungen der BWB gab es im Speditionsbereich jahrelang zwei Kartelle: Das erste Kartell betraf eine Preisregulierung und Kundenaufteilung durch die SSK-Rahmenübereinkunft (SSK = Speditions-Sammelladungs-Konferenz). Das zweite Kartell die Kooperation im Sinne eines Informationsaustausches zwischen der SSK und einem Schienenspediteur bei der Tarifgestaltung. Insgesamt waren an den Kartellen mehrere Dutzend Speditionsunternehmen beteiligt.

Bei den Vorwürfen geht es um einen großen Wirtschaftsskandal, der die staatliche ÖBB laut einem Medienbericht bis zu 500 Mio. Euro kosten könnte. Mehr als 40 Unternehmen sollen sich an illegalen Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Weiterverrechnung der Lkw-Maut beteiligt haben, darunter alle Branchengrößen bis hin zum Güterverkehrsbereich der ÖBB. 

Weitere Ermittlungen

 

Bei den geständigen Spediteuren handelt es sich um Klein- und Mittelunternehmen, so die BWB. Bei den anderen Firmen sollen dem Vernehmen nach auch die Branchengrößen dabei sein, bis hin zur ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA). Sie alle haben stets die Vorwürfe bestritten. Gegen sie wie auch gegen die geständigen Spediteure wird weiter ermittelt, betonte BWB-Sprecher Stefan Keznickl. Von den ÖBB hieß es: "Wir sind zuversichtlich, dass das Verfahren zu unseren Gunsten ausgehen wird."

Durch die Geständnisse ist die BWB nun in einer "Superposition", so Keznickl. Wie hoch der entstandene Schaden sein könnte lasse sich derzeit nicht sagen, sei für den Vorwurf der Kartellbildung aber irrelevant. Es müsse auch nicht der Schaden nachgewiesen werden, es reiche bereits der Umstand, dass ein Kartell vorliege.

Gegen den Kronzeugen, der zur Aufdeckung der Kartelle beigetragen hat, wurde keine Strafe beantragt. Dem Vernehmen nach soll es sich dabei um den Großspediteur Schenker handeln, eine Tochter der Deutschen Bahn. Dieser wollte sich mit Verweis auf ein laufendes Verfahren dazu nicht äußern. Keznickl betonte, dass nur jene Unternehmen auf Strafnachlässe hoffen dürfen, die geständig waren.

"Kummer-Liste"

Spediteure sind Logistikunternehmen, die die ihnen anvertraute Ware sowohl auf der Straße, der Schiene, zur See und in der Luft transportieren. Frächter hingegen betreiben Lkw uns sind selbst oft Auftragnehmer der Spediteure. Die möglicherweise geschädigten Versender sind in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben und haben sich Rechtsberatung geholt. Die mutmaßlichen Absprachen sollen in der "Speditions-Sammelladungs-Konferenz" (SKK) organisiert gewesen. Das Gremium ist im Zentralverband für Spedition & Logistik angesiedelt. Im heimischen Schienen-Spediteursbereich habe die SKK seit 1999 kooperiert. "In fortlaufenden, organisierten Zusammenkünften wurden marktsensible Informationen ausgetauscht sowie Tarife und das Vorgehen bei der Verrechnung der LKW-Maut abgestimmt", teilte die BWB im März des Vorjahres mit. Die Bahn wiederum betonte, kein Mitglied der SKK gewesen zu sein.

Bei den Ermittlungen geht es auch um die sogenannte "Kummer-Liste". Diese wurde im Auftrag der Transportwirtschaft von Sebastian Kummer, Verkehrsexperte der WU-Wien, erstellt und stellte die Grundlage für die Weiterverrechnung der Lkw-Maut an die Auftraggeber dar. Diese war allgemein bekannt und wurde vom Zentralverband der Spediteure auch bei Pressekonferenzen präsentiert. Allerdings hatte die Liste auch innerhalb der Transporteure für Unmut gesorgt. Frächter warfen den Spediteuren vor, ihren Auftraggebern zwar die Maut weiter zu verrechnen, aber sie nicht an die Lkw-Betreiber weiter zu reichen. (APA)