Satirischer Schädel von Florentina Pakosta: "Wasserleitungskopf" in Schablonentechnik (1982) aus dem Besitz der Albertina.

Foto: VBK Wien, 2011

Wütender Konter auf Bilder, die Frauen zum Objekt degradieren: Ideenskizze (1980) aus dem Privatbesitz von Florentina Pakosta.

Foto: VBK Wien, 2011

Wien - Die verruchte Atmosphäre von Bordellen und Nachtclubs fingen nicht wenige Künstler, allen voran Henri de Toulouse-Lautrec, in zahlreichen Gemälden ein. Was Männer an den sogenannten Animierlokalen tatsächlich derart faszinierte, dem wollte Florentina Pakosta als junge Kunststudentin auf den Grund gehen.

Einige Zeichnungen von 1959 dokumentieren ihre von einem Studienkollegen eskortierten Ausflüge in Etablissements in und um den Wiener Prater. Diese Studien sind schnelle, weil spontan und heimlich unter dem Tisch gefertigte Skizzen. Es sind Blicke auf die Spezies Mann, auf Halbwelten und Unterhaltungskünstler, die die 1933 geborene Künstlerin durchaus auch schon mal mit dem Lippenstift festhielt.

Frühere Ausstellungen, etwa jene 2004 in der Albertina, würdigten häufig ihre bekannten Werkzyklen, wie etwa jene an Franz Xaver Messerschmidt angelehnte Serie der Charakterköpfe oder die politischen Dimensionen ihrer Arbeit. Das Leopold-Museum gibt einen Überblick über das Gesamtwerk - ein Beweis, dass diese vollständige Betrachtung längst überfällig war und Pakosta künstlerisch aufwertet: Die noch von Rudolf Leopold initiierte und vollständig mit Leihgaben gespeiste Schau setzt bereits bei jenen frühen, stark feministisch geprägten Zeichnungen an.

Dass diese (im Katalog erstmals ausführlich betrachteten) Aspekte ihres Werks bisher nicht ausgestellt waren, hat auch damit zu tun, dass Pakosta sich erst spät entschloss, Arbeiten jener Zeit der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Interessant sind die frühen Blätter insbesondere für ihren ungenierten Blick auf die Spezies Mann und deren, bisweilen auch aus Form und Ideal geratende, primäre Geschlechtsmerkmale. Tiergleich lässt Pakosta einen gesichtslosen Mann auf allen Vieren krabbeln; offenbart ohne Pardon den Blick auf ein Tabu: einen Hodenbruch, den sie in einer anderen Zeichnung fast höhnisch Leonardo da Vincis Mensch nach Vitruv als "Attribut" verpasst. Ist der Makel der weiblichen Brust inzwischen auch jenseits medizinischer Formate medientauglich, bleibt der Blick auf das männliche Geschlecht heute noch immer einschlägigen Foren vorbehalten.

Satiren zum Patriarchat

Während andere Künstlerinnen wie etwa Maria Lassnig oder Valie Export überwiegend ihren eigenen Körper als Projektionsfläche geschlechtlicher Ungleichverhältnissen benutzten, wagt Pakosta, patriarchale Strukturen in satirisch überzeichneten Bildern anzuprangern. Wütend machten sie Kunstwerke wie Allen Jones Chair (1969), der eine Fetisch-Frau zusammenschnürt und, mit Polster belegt, zur bequemen Sitzgelegenheit transformiert. Pakosta defäkiert darauf: Sie lässt eine Frau auf einer vermännlichten Klomuschel Platz nehmen.

Aber auch bei Pakosta finden sich Transformationen des weiblichen Körpers, wie man sie etwa von Birgit Jürgenssen oder Kiki Kogelnik kennt: Die Nadelklitoris (1985) ist weniger Werkzeug des Angriffs denn der Verteidigung.

Die Ausstellung komplettiert die 1989 einsetzende abstrakte Phase der bis heute fortgeführten trikoloren Bilder. Es ist ein Bruch, eine, wie sie sagt, "innere Emigration", den sie mit der politischen Wende begründet.

Leopold schätzte vor allem Pakostas handwerkliche Qualitäten: etwa die auch im großen Format diszipliniert fortgeführte Kreuzschraffur. Konsequent ihr Festhalten an traditionellen Techniken, während Künstlerinnen ihrer Generation sich mit neuen Medien ausprobieren. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 20. Jänner 2011)