Moskau/Wien - Der mutmaßliche Mörder des tschetschenischen Flüchtlings Umar Israilov in Wien, Letscha B., ist in einem Spital in Grosny aufgetaucht. Russische Medien berichten, dass der Verdächtige wegen Schussverletzungen an Schulter, Schenkel und Rücken behandelt wird.

Im Wiener Landesgericht wird derzeit in Abwesenheit gegen B. verhandelt, am Mittwoch ist Prozesstag. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass B. 2009 auf offener Straße die tödlichen Schüsse auf Israilov abgab - und dann flüchtete. Als Auftraggeber vermutet man das tschetschenische Oberhaupt Ramsan Kadyrow. Israilov hatte gegen Kadyrow beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage wegen Menschenrechtsverletzungen eingebracht.

Kein Auslieferungsantrag

Die österreichischen Behörden werden wegen Letscha B. an Russland keinen Auslieferungsantrag stellen: "Die russische Verfassung verbietet, eigene Staatsangehörige - also auch Tschetschenen - wegen Straftaten anderen Staaten zu überantworten", begründet dies Stefan Benner aus dem Justizministerium in Wien. Diese Praxis sei nicht ungewöhnlich: "Bis vor zwei Jahren hat es Österreich ebenso gehalten."

Letscha B., der heute Milizionär in Grosny ist, soll bei einem Gefecht beim Militärstützpunkt Chankala verletzt worden sein. Unbekannte hätten bei einem Checkpoint das Feuer auf Bislang Elimchanow, den Kommandanten des Sonderbataillons "West", eröffnet; bei dem Anschlag seien drei Menschen getötet worden, berichtet die Internetseite Kawkazskij Uzel. B. habe sich nur zufällig am Ort des Gefechtes aufgehalten, sagten Ermittler der russischen Zeitung Kommersant. (bri, ved/DER STANDARD-Printausgabe, 19.1.2011)