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Nicht alle Fiat-Mitarbeiter waren Feuer und Flamme für den neuen Tarifvertrag im Turiner Stammwerk. Gewerkschaftsmitglieder verbrannten vor der Abstimmung demonstrativ Firmenfahnen.

Foto: Reuters/Giorgio Perottino

Mailand - Mit 54 Prozent fiel die Abstimmung der 5500 Fiat-Arbeitnehmer in Turin über neue Arbeitsbedingungen am Wochenende knapper aus als erwartet. Ausschlaggebend waren die Stimmen der Angestellten. Es ging um kürzere Arbeitspausen, strengere Regeln beim Kranksein, mehr Überstunden und Einschränkungen im Streikrecht. Dafür will Fiat eine Milliarde Euro in das Stammwerk investieren, um die Produktion binnen vier Jahren zu verdoppeln. Neue Alfa- und Jeep-Modelle sollen hier künftig vom Band laufen.

Drei der insgesamt fünf in Mirafiori vertretenen Gewerkschaftsverbände hatten bereits vor der Abstimmung die neuen Regeln abgesegnet. Nur die linksradikale CGIL mit ihrer Metallgewerkschaftstochter Fiom widersetzte sich den Bedingungen. Mit tagelangen Protestkundgebungen hatten sie für die Ablehnung der neuen Arbeitsverträge geworben. Fiat-Chef Sergio Marchionne hatte gedroht, die Produktion von Turin ins Ausland zu verlagern, sollte sein Vorschlag nicht angenommen werden. Seiner Ansicht nach ist die Produktivität in Italien niedriger als in jedem anderen Land, wo Fiat produziert.

Reichlich passiv verhielt sich die Regierung. Regierungschef Silvio Berlusconi hatte nur wissen lassen, Fiat täte gut daran, die Produktion auszulagern, sollten sich die Arbeitnehmer gegen die neuen Bedingungen stellen. Die Opposition war ebenso wie die Gewerkschaften gespalten.

Die Gewerkschaftsführerin der CGIL, Susanna Camusso, sieht in der überraschend großen Zahl der Neinstimmen den Beweis, dass die Arbeiter in Turin jegliche Art von Autoritarismus ablehnen. Fiat-Chef Marchionne deutet das Ergebnis hingegen als "historische Wende" bei der Mitarbeitermitbestimmung. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.1.2011)