Jürgen muss sein Rad in die Vertikale heben, um es in den Lift zu bekommen. Schmutzige Finger sind das Geringste, was er sich holt, wenn die Straße noch ein wenig feucht oder gar nass war. Während sich seine Bürokollegen den ersten Kaffee aus der Maschine drücken, steht Jürgen auf der Toilette und befreit sich vom Straßenschmutz.

Jürgen leitet eine IT-Firma, die ihren Sitz im Zentrum Wiens hat. Wenn er mit dem Rad in die Firma fährt, nimmt er es auch mit ins Büro. "Das gehört für mich dazu, seit sie mir mein erstes Rad gestohlen haben. Es gibt bei uns leider keine andere Möglichkeit, das Fahrrad sicher abzustellen." Jürgen gesteht auch seinen Mitarbeitern zu, die Räder mit ins Büro zu nehmen. "Das geht aber auch nur, weil wir quasi nie Kundenbesuche im Büro haben."

Wie Jürgen geht es vielen anderen Radfahrern auch – sie haben keine Möglichkeit, ihr Fahrrad sicher abzusperren – doch viele pfeifen dann ganz auf das Rad und steigen auf andere Verkehrsmittel um. Laut einer Umfrage des VCÖ verzichten 15 Prozent der Radfahrer auf Fahrten mit dem Rad, eben genau aus diesem Grund. Weitere fünf Prozent geben an, nicht mit dem Fahrrad zu fahren, wenn es zu weit weg abgestellt ist.

Zu den am häufigsten mit dem Fahrrad zurückgelegten Wegen gehören laut der VCÖ-Studie mit 86 Prozent Freizeitwege, mit 73 Prozent Fahrten zur Arbeit und mit 70 Prozent Einkaufsfahrten. Aus rein sportlichen Gründen fahren 57 Prozent, wohl aber 89 Prozent, weil das Radfahren gesund ist.

Beim Einkaufen finden 59 Prozent der Befragten einen sicheren Abstellplatz, 19 Prozent hingegen kaum bis gar nicht.

Interessant wäre, wieviel mehr Menschen täglich mit dem Fahrrad unterwegs wären, wenn es genügend und vor allem sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder gebe - und wir reden da nicht von den Felgenkillern, die vor vielen Geschäften stehen. Dann würde vielleicht auch die Anzahl derer zurückgehen, die auf die Frage, ob ihnen schon einmal ein Fahrrad gestohlen wurde, mit "Ja" – 29 Prozent – oder gar mit "Ja, mehrmals" – 25 Prozent – antworten.