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Rund 250 Menschen demonstrierten Freitag Abend in Wien gegen das Ungarische Mediengesetz, im Bild: Präsident der Journalistengewerkschaft Franz C. Bauer

APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER

Etwa 250 Personen sind am Freitagabend dem Aufruf acht österreichischer Organisationen gefolgt und haben gegen das neue ungarische Mediengesetz vor der ungarischen Botschaft in Wien demonstriert. Die Organisatoren forderten einmal mehr die Rücknahme des umstrittenen Gesetzestextes und unterstrichen dies mit der Übergabe einer Petition an den ungarischen Botschafter, Vince Szalay-Bobrovniczky.

"Ich finde es erschütternd, dass das neue Mediengesetz am selben Tag in Kraft getreten ist, als Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat (Anm.: am 1. Jänner 2011)", ortete Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen (RoG/RSF) mögliche Hintergründe zur Einführung des Gesetzes. Die Zensurmaßnahmen seien ein "Rückfall in Methoden nichtdemokratischer Regierungen", denn "Zensur ist Mord an der Pressefreiheit und am Recht aller Bürger auf Information", so Möhring.

Szalay-Bobrovniczky wehrte sich gegenüber der APA gegen jegliche Vorwürfe der Abschaffung der Pressefreiheit in Ungarn. Dies sei eine "dreiste Lüge, das Gesetz bezeichnete er als "ausgewogen" und "EU-konform". Niemand zensuriere die ungarische Presse, auch die im August geschaffene Medienbehörde (NMHH) sei keine "politische Einrichtung" und von der Regierung "völlig unabhängig", betonte der ungarische Botschafter in Wien.

Für Szalay-Bobrovniczky handelt es sich in der aktuellen Diskussion um eine "verlogene" Kampagne, die von denjenigen gesteuert wird, die es einfach nicht wahrhaben wollen, dass sie die Macht verloren haben." Derzeit warte Ungarn auf die Prüfung der europäischen Institutionen. Sobald diese abgeschlossen ist, sei eine "objektivere Debatte" möglich. Mit einer Zurückweisung des Gesetzes durch die EU-Kommission rechnet Szalay-Bobrovniczky nicht.

Im Zuge der Demonstration wurde dem ungarischen Botschafter eine Petition für "PressefrAIheit" (Anm.: AI/Amnesty International - in Anspielung auf die Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte) übergeben. Dabei äußerten sich die Organisationen besorgt über die Situation der ungarischen Medienlandschaft. Szalay-Bobrovniczky bedankte sich, hielt aber fest, dass er keine Bedrohung für die Pressefreiheit sehe.

Die österreichische Regierung riefen die Organisationen auf, Druck auf die ungarische Regierung auszuüben und für die Änderung des Gesetzes Sorge zu tragen. Die Frage möglicher Sanktionen müsse jedoch die EU-Kommission entscheiden, so Möhring.

In Wien gab es indes auch eine Gegendemonstration mit sechs angemeldeten Personen. Iniitiert wurde diese von Peter Karsay, der sich gegen die "Feindlichkeit gegenüber Ungarn" zur Wehr setzt und in der "zu Unrecht negativen Kritik" an Ungarn eine wirtschaftliche Motivation (Stichwort Bankensteuer) sieht. 

15.000 demonstrierten in Budapest

Eine Protestaktion gegen das umstrittene ungarische Mediengesetz hat Freitagabend auf dem Budapester Kossuth-Platz stattgefunden. Laut Veranstaltern nahmen rund 15.000 Menschen an der Demonstration teil. Aufgerufen zu der Aktion hatte eine Facebook-Seite, die mit dem Ziel des Protestes gegen das Mediengesetz und zum Schutz der Pressefreiheit ins Leben gerufen wurde.

Die Teilnehmer der Demonstration bedankten sich mit Applaus für die Solidarität in Österreich, wo zur gleichen Zeit in Wien vor der ungarischen Botschaft Menschen ihre Solidarität mit den ungarischen Journalisten zum Ausdruck brachten.

Einer der Organisatoren der Budapester Demonstration, der 36-jährige Robert Fölkel, erklärte auf der Bühne vor dem Budapester Parlament, dass diese Aktion nur der Anfang einer Protestwelle gegen die Regierung von Viktor Orban sei. Denn seine Zwei-Drittel-Mehrheit bedeute keineswegs, dass alle Ungarn hinter Orban stünden, wie er das behaupten würde.

Mit der "Kraft der Massen soll Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit diese das Zensurgesetz zurücknimmt und die Pressefreiheit in Ungarn garantiert". Die Organisatoren der Protestaktion fordern, Fachorgane in die Herausbildung der Medienregulierung einzubeziehen.

Auch in der südungarischen Stadt Pecs (Fünfkirchen) gingen Menschen auf die Straße, um gegen das auch international scharf kritisierte Mediengesetz zu demonstrieren. Das Gesetz stellt alle Fernseh- und Rundfunksender, Printerzeugnisse und Internetportale unter Aufsicht der von der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz-MPSZ kontrollierten Medienbehörde NMHH. Die Medienbehörde kann auf der Grundlage des Gesetzes Medien mit hohen Geldstrafen bis zu umgerechnet 730.000 Euro belegen. Auch müssen Journalisten dem Gesetz zufolge ihre Quellen offen legen, wenn es "um Fragen der nationalen Sicherheit geht". (APA)