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Sie ist das Gravitationszentrum des jungen roten Universums: SPÖ-Bundes-geschäftsführerin Laura Rudas (29) baut ihren Einfluss auf Kanzler und Partei kontinuierlich aus.

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Nedeljko "Neddy" Bilalic (31) wechselte von der Parteizentrale ins Kanzleramt.

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Marcin Kotlowski (34) übernimmt die Kommunikation der SP-Zentrale in der Löwelstraße.

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Niko Pelinka (24), zuständig für die Public Affairs der ÖBB und den roten Einfluss im ORF.

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Raphael "Raphi" Sternfeld (32) ist einer von Rudas' V-Männern zur Wiener SPÖ.

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Wien - Es war einer dieser Auftritte, die Laura Rudas' Ruf ramponieren. Das ORF-Magazin Report hatte die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin in Bruno Kreiskys Villa geladen, um über dessen politisches Erbe zu räsonieren - und bekam abgenützte Floskeln ("Werner Faymann ist gern bei den Menschen" ) aufgetischt. "Sobald Rudas vom einstudierten Text abweicht, gerät sie ins Schleudern", stöhnt ein roter Funktionär, der mit seiner Meinung beileibe nicht alleine dasteht: "In der Öffentlichkeit ist sie eine Fehlbesetzung."

Seit Amtsantritt vor zwei Jahren muss sich Rudas derartige Urteile gefallen lassen. Dennoch sitzt die 29-Jährige nicht nur fester im Sattel denn je, sie baut ihren Einfluss auch kontinuierlich aus.

Rudas ist Zentralgestirn einer durchschlagskräftigen Clique. Mit 24 Jahren spielt Niko Pelinka als Stiftungsrat den roten Statthalter im ORF. Nedeljko Bilalic, 31, avanciert zum Sprecher des Bundeskanzlers. In den Startlöchern stehen der Wiener Gemeinderat Peko Baxant, 33, und Raphael Sternfeld, 32, derzeit Mitarbeiter in der Parteizentrale. Und auch der 34-jährige Marcin Kotlowski, der Bilalic' bisherigen Job als Kommunikationschef der SPÖ übernimmt, zählt zum erweiterten Rudas-Kreis.

Selbstbewusste Aufsteiger

Was viele in der Partei vor den Kopf stößt, ist das besondere Wesen der Rudas-Crew. Wohlmeinende bescheinigen den stets schick gestylten Aufsteigern einen "intuitiven Zugang" zu Politik, der zwar auf keinem ideologischen Masterplan fuße, sich dafür aber auch nicht in Klassenkampf-Träumereien verliere. Die Kritiker aber erkennen kein einziges politisches Ziel außer der Eroberung der Macht - und legen das bisweilen zur Schau gestellte Selbstbewusstsein als Arroganz aus.

Niko Pelinka etwa, Sohn des News-Chefredakteurs, ist erst seit vier Jahren im Geschäft, "tritt aber mit dem Gestus eines Sektionschefs auf" (ein Genosse). Für den früheren Sprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied wurde bei den ÖBB im Juni 2010 ein "Public Affairs" -Posten geschaffen - was das heißt, wollen selbst Kollegen nicht so genau wissen, außer dass Pelinka bei der Bahn aus und ein spaziere und erfahrenen Mitarbeitern erkläre, wie Kommunikation funktioniert.

Neid und Missgunst, sagt Pelinka selbst, müsse man als erfolgreicher Junger eben in Kauf nehmen. Den Begriff Netzwerk will er nicht überstrapaziert wissen: "Junge Leute finden sich einfach in einer Partei." Einen anderen "Freundeskreis", nämlich den am Küniglberg, hat Pelinka 2010 offiziell übernommen: Den erfahrenen Karl Krammer löste er handstreichartig als SP-Wortführer ab.

Rudas selbst werden im ORF Interventionen nachgesagt - Infodirektor Elmar Oberhauser über ein Treffen mit ihr: "Sie machte mir unmissverständlich klar, dass sie Fritz Dittlbacher als den bestgeeigneten Kandidaten für die Funktion des Fernsehchefredakteurs betrachte." Rudas undGenossen dementierten Personalwünsche. Als Oberhauser gegen Dittlbachers Bestellung protestierte, wählten ihn zuvorderst Pelinkas rote Räte als Infodirektor ab. Verhandlungen über einen einvernehmlichen Abgang Oberhausers scheiterten - laut Involvierten, nachdem Wrabetz Pelinka konsultiert hatte. Sozialdemokrat Wrabetz will 2011 wiedergewählt werden. Die stärkste Fraktion leitet Pelinka.

Erfüllungsgehilfen ohne Scheu und Genierer schätzt der Kanzler, vor allem aber hundertprozentige Loyalität. Auch wenn ihm seine Personalauswahl die Nachrede einbringt, sich mit Ja-Sagern zu umgeben: Rudas & Co haben ihn nicht enttäuscht. Seine Geschäftsführerin hat gelernt, die Interessen der Parteiflügel besser auszutarieren, die Genossen sind friedlich wie schon lange nicht. Zwar sollen Kapazunder wie die Minister Norbert Darabos und Doris Bures, die einst selbst die Zentrale leiteten, mit ihrer Nachfolgerin übers Kreuz sein. Doch andere (einstige) Kritiker gestehen Rudas Fortschritt zu: "Man kann mit ihr blendend zusammenarbeiten."

"Ich werde heute auf Augenhöhe behandelt", beschreibt Rudas, die im persönlichen Umgang natürlicher wirkt als vor der Kamera, den Unterschied zu früher. Das Image der Flachwurzlerin stört die Wienerin naturgemäß ("wir sind sehr ideologisch" ), als besonderes Asset ihrer Seilschaft hebt sie aber das "Leistungsprinzip" hervor: "Jeder von uns ist der Erste und der Letzte im Büro."

In der Zuwanderer-Rolle

"Wir haben alle persönliche Erfahrungen gemacht, die uns zum Thema Chancengleichheit geführt haben", sagt "Neddy" Bilalic, in seinem Fall die Vergangenheit als "Zuwandererkind". In die Rolle des Vorzeigeausländers will sich der Sohn eines Bosniers und einer Serbin deshalb nicht drängen lassen: "Ich sehe das Gesamte." Andere Sozialdemokraten mit Balkan-Background kreiden ihm dennoch mangelndes Engagement für die Community an.

Die PR ist auch das Geschäft von Raphael Sternfeld. Er kümmerte sich schon um Rudas' Medienpräsenz, als sie noch im Rathaus saß. Die innersten Machtzirkel kennt er als früherer Mitarbeiter des Presse- und Informationsdienstes bestens, auch die Achse zu Bürgermeister Michael Häupl - "den besten lebenden Politiker, den ich kenne" - funktioniert tadellos.

Im letzten Wien-Wahlkampf bewarb sich Sternfeld um die Bezirksvorstehung in der Josefstadt, blieb aber trotz prominenter Unterstützer wie Ex-Kanzler Franz Vranitzky erfolglos. Seither ist seine Website verwaist, der letzte Eintrag stammt vom 19. Oktober 2010. Dafür betätigt sich "Raphi", wie sein oberster Chef, gern als schmeichelnder Leserbriefschreiber.An die Sprengkraft, die Bundeskanzler Faymanns Schreiben an die Krone 2008 hatte - die ÖVP löste daraufhin die Koalition auf - reicht Sternfelds Brief aber nicht heran: "Es macht jedes Mal große Freude, am Sonntag beim Frühstück die Interviews von Nadia Weiss zu lesen." (Andrea Heigl, Harald Fidler, Gerald John/DER STANDARD-Printausgabe, 15./16.1.2011)