Endstation für die Stadtvision "Reininghaus" von Ernst Scholdan

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Graz - Ernst Scholdan fühlt sich erleichtert. Seinen großen Plan, die Grazer Reininghausgründe zu einem modellhaften Stadtareal für moderne Arbeits- und Lebensformen zu entwickeln, hat er zwar nicht nach seinen Vorstellungen zu Ende gebracht, er habe sich wenigstens in einer Art "Notwehrreaktion" dem "kleinpolitischen städtischen Parteienhickhack" gerade noch entziehen können. Indem er das über 50 Hektar große, brach liegende Stadtviertel im Westen von Graz nicht wie geplant der Stadt, sondern dem deutschen "Petruswerk Katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgenossenschaft" des Karmeliterordens verkauft habe.

In einer Blitzaktion. Scholdan im Gespräch mit dem Standard: "Ich hatte keine andere Wahl mehr. Die Stadt hat mich an die Wand gedrückt." Durch die jahrelange Weigerung der Stadtregierung, die Grundstücke für die bereits fixierte städtebauliche Entwicklung des Viertels zu widmen, sei verhindert worden, dass sich Investoren engagieren.

"Nur schlechtgeredet"

Schließlich habe sich die Stadt Graz selbst als Käufer in Stellung gebracht, aber, kritisiert Scholdan, "es wurde nur gedumpt, das Areal schlechtgeredet", bis die Wirtschaftlichkeit in Gefahr geraten sei. Zuletzt habe das ganze Projekt gedroht, im politischen Sumpf unterzugehen. "Ich habe handeln müssen", so Scholdans Version der Geschehnisse, die am Donnerstag eine Sondersitzung des Grazer Gemeinderates nach sich gezogen haben. Finanzstadtrat Gerhard Rüsch (ÖVP), der in der Stadt die Fäden des Projektes gezogen hat und sich vom Verkauf an das Petruswerk völlig überrascht gezeigt hatte, sei von der Graz-Visite des neuen Investors, Douglas Fernando, dem Miteigentümer des Petruswerkes, durchaus informiert gewesen. Scholdan: "Der Termin stand bei Rüsch schon vor zweieinhalb Wochen auf dem Kalender."

Dass ihm die Stadt überhaupt die Möglichkeit gegeben habe, parallel mit Fernando zu verhandeln, sei "einigermaßen bemerkenswert". Er habe die Stadt mit den Parallelverhandlungen mit dem Petruswerk jedenfalls nicht hintergangen, die zuständigen Stadtpolitiker hätten ausdrücklich auf ein Exklusivrecht für Verhandlungen mit ihm verzichtet. Stadtrat Rüsch habe die Option auslaufen lassen, ohne sie zu verlängern. Der Politiker habe ihm damit zu verstehen gegeben, dass er ohnehin niemanden - außer die Stadt - als Käufer für das brachliegende Areal finden werde. Scholdan: "Da war schon ein gewisses Maß an Überheblichkeit dabei."

Er wehre sich auch gegen den Vorwurf, er sei gescheitert. Ernst Scholdan: "Ich bin keine Baufirma, ich versuche brachliegende Industrieflächen zu entwickeln. Ich habe versucht, eine Vision zu realisieren und zwölf Millionen Euro in die Vordenkarbeit gesteckt. Das bleibt ja. In dem Moment aber, als klar gewesen ist, dass die Grundstücke durch das Projekt aufgewertet werden, haben sich alle angestellt." Da habe die Sache begonnen zu stottern. (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe, 14.1.2011)