Zivildiener Niko Delarich in der Verkaufshalle des Caritas-Lagers "Carla Nord" in Wien.

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - "Ich bin grundsätzlich für die Abschaffung der Wehrpflicht", sagt Niko Delarich, Zivildiener im Carla Wien Nord, einem Secondhandladen der Caritas, "aber ich weiß nicht, ob ich es auch gemacht hätte, wenn es nicht verpflichtend wäre." Die Zivildienerplakette auf seiner blauen Arbeitsjacke zeigt allen, dass er nicht ganz freiwillig "dient".

Für den Wiener HTL-Absolventen war schon immer klar, dass er kein geeigneter Soldat wäre, deshalb meldete er sich gleich nach der Stellung beim Personalmanagement der Caritas. "Hier ist es sinnvoll, da kommt was Gutes raus", begründet der 20-Jährige seine Entscheidung. Die Wahl zwischen Dienst mit oder ohne Waffe ist ihm leicht gefallen, obwohl er familiär hin- und hergerissen ist - der Vater arbeitet im Verteidigungsministerium, die Mutter leitet bei der Caritas die Freiwilligenarbeit. Für den Sohn war klar: "Beim Bundesheer mache ich die Ministerien glücklich, bei der Caritas helfe ich den Leuten. Das finde ich sinnvoller."

Die Hilfsorganisation ist froh über so ein Engagement: "Die Zivildiener, die sich selbst und freiwillig bewerben, sind motiviert und mit viel Elan dabei. Das funktioniert ganz toll", sagt Carla-Leiterin Elisabeth Mimerer. Sie befürchtet, dass sich bei einem Wegfall der Zivildiener künftig nicht genügend Freiwillige für diese Arbeiten finden würden.

"Kat-Halle öffnen! Es kommen Möbel", tönt es unverständlich aus der Lautsprecheranlage in der Halle. Niko und die anderen Lagerarbeiter verstehen die Ansage und gehen Richtung "Katastrophenhalle", wo sie einen Kleinlaster in Empfang nehmen: "Das ist eine gute Lieferung", meint Niko.

Wegen eines neuen Jobs inSchweden verschenkt ein junger, Englisch sprechender Mann seinen fast neuwertigen Hausrat: ein rundes Bett, zwei Kästen und Regale, Sessel, Tisch, Geschirr und sogar eine Waschmaschine. "Charity ist besser als verkaufen."

Nachdem der Wagen entladen ist, warten die Arbeiter darauf, dass der Verkäufer aus dem Carla-Team "den Preis macht", um die Möbel anschließend in die große Verkaufshalle zu schaffen. Was brauchbar ist, wird verkauft, um Sozialprojekte zu finanzieren.

Niko ist der einzige Zivildiener unter lauter ehemaligen Langzeitarbeitslosen, die einen Wiedereinstieg ins Berufsleben versuchen und nur wenige Monate im Caritas-Lager bleiben. Zivildiener arbeiten neun Monate hier und können mehr Aufgaben übernehmen als die Transitarbeitskräfte.

Als Elektroniker repariert Niko auch Elektrogeräte - zurzeit einen elektrisch verstellbaren Lattenrost. Während die anderen Arbeiter Pause machen, schnappt er sich einen kaputten Möbelwagen und montiert ein neues Rad. "Ärgern tu ich mich nicht, wenn der Zivildienst jetzt abgeschafft wird. Ich bin zufrieden mit meiner Arbeit", sagt Niko und beteuert, die "gute Erfahrung" gern zu machen: "Es ist ein Dienst für Bedürftige oder weniger Begünstigte."

Das Modell der SPÖ findet der Zivi gut, glaubt aber gleichzeitig, "dass es nicht so einen hohen Andrang geben wird". Wahrscheinlich hätte er statt eines freiwilligen sozialen Jahrs gleich mit dem Studium in Amerika begonnen.

Es ist aber gut möglich, dass der junge Mann wieder zurückkommt: "Eine Arbeit bei der Caritas würde ich schon in Betracht ziehen, aber nicht im Lager - oder ehrenamtlich in der Pension."(Dominik Wurnig, DER STANDARD-Printausgabe, 14.1.2011)