Istanbul/Baku - Was der OMV und ihren Partnern in acht Jahren nicht gelungen ist, will die EU-Kommission nun mit einem Parforce-Ritt schaffen: Kommissionspräsident José Manuel Barroso und sein Energiekommissar Günter Oettinger haben bei ihrem Besuch in Baku eine Vereinbarung dabei, mit der Aserbaidschans Staatschef Ilham Alijew endlich eine Zusage für die Lieferung von Gas für die geplante Nabucco-Pipeline machen soll.

Reise nach Turkmenistan

Barroso und Oettinger trafen am Donnerstag in der Hauptstadt am Kaspischen Meer ein, am Freitag reisen sie weiter nach Turkmenistan, dem anderen seit langem umworbenen, potenziellen Lieferanten der Pipeline.

In der Vereinbarung wird das Nabucco-Projekt nicht ausdrücklich genannt, der Schlüsselbegriff heißt vielmehr "südlicher Korridor". Mit ihrer Unterschrift erklärt die aserbaidschanische Seite die Bereitschaft zur Lieferung von Gas nach Europa über eine südliche Route - die Türkei - und nicht wie bisher allein über das Netz der russischen Gasprom. Mengen und Zeitpunkt bleiben aber weiter unklar. In der EU-Kommission ist von "Etappensieg" die Rede.

"Südlicher Korridor" umfasst allerdings genauso gut ein anderes europäisches Pipelineprojekt, das in gewisser Konkurrenz zu Nabucco steht. Ebenso wie die OMV und ihre Konsortiumpartner buhlt die italienische Energiegesellschaft Edison um Lieferungen aus dem aserbaidschanischen Gasfeld Shah Deniz. Edison baut gemeinsam mit der türkischen Botas und Depa in Griechenland die Pipeline ITGI, die kaspisches Erdgas nach Italien bringen soll.

2015 gewünschter Start

Während die OMV den Großteil der Kapazität der Nabucco-Pipeline von 31 Mrd. Kubikmetern im Jahr mit Gas aus Aserbaidschan und Turkmenistan und zu einem kleineren Teil aus dem Nordirak organisieren will, erwarten sich die ITGI-Betreiber knapp 10 Mrd. Kubikmeter aus Aserbaidschan. Baku hat bereits Kontingente aus dem noch nicht erschlossenen Gasfeld Shah Deniz 2 an Russland verkauft. Die ITGI wie Nabucco wollen 2015 den Betrieb aufnehmen. Nur einen Tag vor der Ankunft der EU-Kommissare schloss Baku mit Teheran einen Vertrag über die Lieferung von jährlich einer Milliarde Kubikmeter. (mab, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.01.2010)