Wien - Das Kontrollamt hat das Wiener Kinderbetreuungsangebot infolge des beitragsfreien Kindergartens für alle Unter-Sechsjährigen, der im Herbst 2009 eingeführt wurde, unter die Lupe genommen. Dabei stellten die Prüfer fest, dass dank des "massiven Ausbauprogramms" der Stadt bis Ende 2011 insgesamt genügend Betreuungsplätze vorhanden sein würden. Das vorgesehene Platzangebot bei den Null- bis Dreijährigen werde allerdings nicht erreicht, heißt es im aktuellen Bericht. Die Prüfung wurde von der Wiener ÖVP beantragt.

Das Kontrollamt ging - gemäß den Zielsetzungen der zuständigen Magistratsabteilung 10 - bei den Unter-Dreijährigen von einer Betreuungsquote von mindestens 33 Prozent ("Barcelona-Ziel") aus, bei Kindern zwischen drei und fünf Jahren von 95 Prozent. Bei den Fünf- bis Sechs-Jährigen nahmen die Prüfer - aufgrund des verpflichtenden letzten Kindergartenjahres - eine 100-Prozent-Quote an. Sollten die Ausbaupläne der Stadt allesamt umgesetzt werden, stünden mit Ende 2011 dann insgesamt 65.881 Plätze in Wien zur Verfügung, so die Prüfer.

Überangebot bei Kindergartenplätzen

Der tatsächliche Bedarf liege - je nach Berechnungsmethode - zwischen knapp 65.000 und nahezu 67.500 Plätzen. Somit sei das Gesamtbetreuungsangebot zwar ausreichend, allerdings: "Dabei wird jedoch die angestrebte Versorgungsquote von 33 Prozent im Krippenbereich nicht vollständig erreicht, während gleichzeitig mit einem Überangebot an Kindergartenplätzen zu rechnen ist", stellten die Prüfer fest.

Die MA 10 verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass mit Jahresende 2010 zwar ein Versorgungsgrad von 100,1 Prozent bei Kids zwischen drei und sechs Jahren erreicht worden sei, man aber nicht von einem Überangebot sprechen könne, "weil im Fall eines Überangebots Kindergartengruppen in Familiengruppen umgewandelt werden und so zusätzlich Betreuungsplätze für null- bis dreijährige Kinder zur Verfügung stehen". Das Kontrollamt empfahl dennoch, bei der weiteren Ausbauplanung der Schaffung von Plätzen für Unter-Dreijährige "erhöhte Priorität" einzuräumen. Die Stadt verwies auf rund 170 zusätzliche Krippenplätze, die für das Jahr 2012 geplant seien.

Zweifel ob genug Mitarbeiter gefunden werden können

Was die Personalsituation betrifft, stellten die Prüfer der Stadt ein grundsätzlich gutes Zeugnis aus. Durch die Anhebung der Einstiegsgehälter für Kindergartenpädagogen Anfang 2010 und eine geplante Anpassung des Gehaltsschemas 2012 sowie durch neue Ausbildungsmodelle und Anwerbungsmaßnahmen habe die MA 10 "wirkungsvolle Schritte zur Sicherung einer qualitativ und quantitativ entsprechenden Personalausstattung" gesetzt. Damit habe man einem "deutlichen Mangel" in diesem Bereich entgegenwirken können.

Trotzdem bezweifelten die Prüfer, ob der Mitarbeiterbedarf angesichts der Ausbauvorhaben - vorrangig im privaten Bereich - künftig gedeckt werden kann. Schließlich stünden Absolventen auch eine Reihe anderer Berufs- oder weiterführender Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Das Kontrollamt errechnete schließlich auch die Mehrkosten des Gratiskindergartens im Vergleich zum früheren System. Diese hätten sich im Jahr 2009/10 auf rund 120 Mio. Euro belaufen. Für die heurige Saison veranschlagten die Prüfer 130 Mio. Euro, für die kommende 134 Mio. Euro. Kritisiert wurden im Bericht die Abrechnungsmodalitäten, da die tatsächliche Höhe der Förderungsgelder aufgrund veralteter Daten nicht nachvollziehbar gewesen sei. Die Kontrolleure empfahlen, "im Sinn eines transparenten Budgetvollzugs" einer zeitnahen Endabrechnung der Förderungen Nachdruck zu verleihen. (APA)