Dornbirn/Innsbruck - Dürfen sich Richter und Gerichtsbedienstete zu Veranstaltungen einladen lassen, die von Anwälten gesponsert werden? Wie geht man bei moralischen Konflikten mit dem Amtsgeheimnis um? Wer hilft bei Mobbing oder Burnout? Für derartige Fragen ist die neue "Justizinterne Beratungsstelle für berufsethische Fragen" zuständig.

Eingerichtet wurde die Anlaufstelle für Justizbedienstete am Bezirksgericht Hall in Tirol. Zuständig ist sie für den Sprengel des Oberlandesgerichts für Tirol und Vorarlberg. Was kein Zufall ist, denn in diesem Sprengel fand, so OLG-Präsident Walter Pilgermair, die "größte Katastrophe, die man sich vorstellen kann" statt: die Fälschung von zig Testamenten durch Gerichtsbedienstete. Im selben Sprengel, am Bezirksgericht Bludenz, war es auch möglich, dass ein Gerichtsvorsteher seine Unterschrift durch Untergebene fälschen ließ und Mitarbeiter, die diesen Missstand kritisierten, aus dem Gericht gemobbt wurden.

Keine Antwort auf Skandale

Die Haller Beratungsstelle will Pilgermair nicht nur als Antwort auf die Vorarlberger Skandale verstanden wissen, sondern als Qualitätssicherungsmaßnahme: "Ich plane die Stelle seit Frühsommer 2009. " Die Realisierung habe eineinhalb Jahre gedauert, weil lange Diskussionen über die diskrete Handhabung der Informationen nötig waren. Ein "Entschlagungsrecht wie bei einem Beichtvater" hätte er sich gewünscht, sagt der OLG-Präsident. Solange es aber die Kronzeugenregelung in Österreich nicht gebe, sei das nicht möglich. "Strafrechtlich relevante Informationen müssen wir anzeigen."

Geleitet wird die Haller Stelle von Johann Arnold, einem erfahrenen Richter. Arnold über seine Aufgabe: "Wir wollen Hilfestellung geben, bei internen Konflikten vermitteln, helfen, wenn jemand gesundheitliche Probleme hat, aber auch einen Beitrag zur Korruptionsprävention leisten. " Anonyme Informationen seien möglich. Eine "Whistleblower-Hotline", wie vom Vorarlberger Nationalratsabgeordneten Harald Walser gefordert, ist die Beratungsstelle aber nicht. Walser: "Dazu bräuchte es die Garantie der Anonymität, eine Kronzeugen-Regelung, die ist aber nicht gegeben."

Ob auch in anderen Gerichtssprengeln derartige Beratungsstellen eingerichtet werden, hängt vom Erfolg der Tiroler ab. Im Justizministerium sieht man die Initiative als "Pilotprojekt".

Testamente, bitte warten

Wann die Ermittlungen im Dornbirner Testamentsskandal abgeschlossen sind, steht immer noch nicht fest. Ursprünglich sollte der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Feldkirch mit Winterbeginn fertig sein, daraus wurde Jahresbeginn.

Nun überlegt die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck eine Abkürzung. Statt sich den Vorhabensbericht inklusive Aktenberg schicken zu lassen, will man zur Prüfung nach Vorarlberg fahren. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 13.1.2011)