An Clarence W. Dupnik scheiden sich die Geister. Der Sheriff von Tucson, für die Demokraten Barack Obamas ist er so etwas wie die Lichtgestalt Arizonas, ein kluger Kopf, der sich nicht scheut, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Tea Party dagegen nimmt ihm übel, dass er hasserfüllter Rhetorik eine Mitschuld am Amoklauf Jared Loughners gibt.

Nun hat sich Dupnik den Zorn Glenn Becks zugezogen, des schrägen, zugleich stockkonservativen Fernsehmoderators bei Fox TV, der sich als Philosoph der Tea-Party-Bewegung versteht. Er habe tagelang verzweifelt nach einer Führungspersönlichkeit Ausschau gehalten, wettert Beck, "nach jemandem, der uns die Wahrheit erzählt". "Stattdessen finde ich einen Sheriff, der keine Fakten hat und unsereinem die Schuld in die Schuhe schiebt."

Die Tragödie von Tucson spaltet die US-Öffentlichkeit, nachdem die Politik im ersten Schock den Schulterschluss geprobt hatte. Und Dupnik ist der Blitzableiter. Wenige Stunden nach den Schüssen hatte er den Finger in die Wunde gelegt, indem er Arizona als ein Mekka des Hasses, der Vorurteile und der Bigotterie charakterisierte.

Barack Obama, der Mittwoch nach Tucson flog, um auf einer Trauerfeier zu reden, wollte eher die nationale Einheit beschwören. Schuldzuweisungen, hieß es, seien fehl am Platz angesichts der furchtbaren Tragödie. Obamas Vorvorgänger Bill Clinton dagegen geht hart ins Gericht mit scharf polemisierenden Politikern und Radiotalkern, TV-Moderatoren und Bloggern. "Unsere Differenzen dürfen nicht in Dämonisierung ausarten", mahnt der Ex-Präsident, "in dem Sinne, dass du kein guter Amerikaner bist, wenn du mir nicht zustimmst". Minerva Carcano, methodistische Bischöfin Arizonas, stimmt Clinton zu und lobt den Sheriff dafür, dass er "den Mut hatte, auf den Punkt zu bringen, was derzeit in unserem Land passiert" . "Es ist unsere Streitkultur, die junge Menschen beeinflusst. Es ist ein Faktor, wir müssen das anerkennen."

Dass sich Dupnik so weit aus dem Fenster lehnt, hat vielleicht auch mit der Souveränität des Alters zu tun. 75 ist er, und ganz offensichtlich beliebt. Wer den von Hollywood zur Legende umgedichteten Sheriffstern tragen will, muss sich alle vier Jahre dem Wähler stellen. Zu Dupnik haben die Bürger des Pima County, zu dem die Kakteenstadt Tucson gehört, so viel Vertrauen, dass sie ihn seit 1980 immer wieder im Amt bestätigt haben. Das Law-and-Order-Klischee ist nicht seine Sache. Im Gegensatz zu Joe Arpaio, seinem Kollegen in Phoenix, der Hauptstadt Arizonas. Der lässt Häftlinge gern in Vierergruppen anketten, um sie zum Unkrautjäten an Straßen zu schicken, allein des abschreckenden Anblicks wegen. Dupnik dagegen beklagt die Wirkung, die einer wie Arpaio erzielt. "Wenn du Polizist bist und kein Betonkopf, dann wird dir von rechten Idioten eingeheizt." (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2011)