Dieser Slogan sollte laut Oliver Ressler für die Masse der Demonstranten gelten, und nicht für die Pleite-Banken.

Foto: Ressler

Wien - Hier Gut, da Böse: Auf der einen Seite der böse Neoliberalismus und die gewissenlosen Global Player und auf der anderen Seite das arme, entrechtete Volk, der entmündigte Bürger. Diese schwarz-weiße Frontenbildung wollte Raimar Stange bei der Auseinandersetzung mit dem Begriff der Postdemokratie tunlichst vermeiden. "Denn", fragt der deutsche Kurator, "wer ist das System?" Statt einer Antwort zeigt Stange ein Foto. Gedruckt auf spiegelnde Platten wird hinter eben dieser Frage der Betrachter selbst sichtbar. Seiner Meinung nach, mache sich jeder heute seine eigenen Gesetze, und niemanden störe das mehr. Das mache den Einzelnen zum Teil des neoliberalen Systems, das er auf der anderen Seite kritisiert.

Politische Verfahren und Regierungen entwickeln sich in eine Richtung, die für vordemokratische Zeiten typisch war, obwohl die Institutionen, die eine Demokratie ausmachen, etwa das Parlament, vollkommen intakt sind, beschreibt der Soziologe Harald Welzer diese an und für sich absurde Situation, eine Form von Machtverschiebung für die Colin Crouch den vieldiskutierten Begriff der Postdemokratie prägte. Und Nach Demokratie heißt die Ausstellung, die neun künstlerische Positionen zum Thema versammelt, eigentlich nur deshalb, "weil es hier schon so viele 'Post'-Ausstellungen gegeben hat".

"Das System sind wir", wiederholt Raimar Stange noch einmal und verweist auf die Demonstration als demokratisches Mittel der Masse zur Willensbekundung. Ein Mittel ohne Folgen. Aber wann hatte man damit wirklich Erfolg? In Österreich muss man da auf Zeiten vor der Globalisierung zurückverweisen: Die Besetzung der Hainburger Au 1984 liegt nun beinahe 27 Jahre zurück.

Auf die Demonstration als Mittel des kollektiven Protests bezieht sich auch Oliver Ressler in seiner wandfüllenden Installation too big to fail . Systemrelevant sollte diese Aussage nicht für Banken sein, die man mit diesem Slogan an der Pleite vorbeiführte, sondern für die protestierende Masse. Ressler hat daher den großen, schwarzen Lettern die Fotos von Kundgebungen eingeschrieben.

Mit den Slogans "Stand up" und "Get out" versuchten sich auch die Teilnehmer der Anti-Globalisierungsdemos in Thailand zu motivieren. Mehr als 200 Fotos dieser Proteste, die im International Herald Tribune erschienen, ließ der Künstler von Kunststudenten abzeichnen. So wird aus einem im Medium Zeitung bereits Distanz herstellenden Foto in einem kollektiven Prozess eine Form von emotionaler Teilhabe.

Orte ökonomischen Interesses

Hier Gut, da Böse: Nicht immer sind es Shoppingcenter, die kleine lokale Strukturen zerstören. Sarah Ortmeyer schiebt auch mal dem Kunsttempeln den schwarzen Peter zu, wenn etwa, wie in Warschau, Markthallen Museen weichen. Wenn es jedoch keine politischen, ideologischen und ökonomischen Interessen gibt, dürfen Denkmäler wie die des Kommunisten Ernst Thälmann stehen bleiben, wohingegen jenes von Lenin um riesige Summen abgerissen wurde. Christine Würmell richtet in einer Fotoserie ihren Blick über Jahre auf das Berliner Thälmann-Denkmal, das sich inzwischen als beliebter Graffiti-Spielplatz etabliert hat. Dass sozialistische Aktivisten den Sockel von Farbe befreien, wird inzwischen immer seltener.

Interessante Aspekte, die ein Anfang sind und auf umfangreichere Präsentationen zum Thema hoffen lassen. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2011)