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Eine Notenbank-Studie gibt erstmals Aufschluss über Österreichs offensive Rolle bei der Verbreitung von Fremdwährungsdarlehen.

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Wien- Die ungarische Finanzaufsichtsbehörde PSZAF lässt dieser Tage mit einer bemerkenswerten Warnung aufhorchen: Erstmals seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wird der ungarische Bankensektor 2010 mit ziemlicher Sicherheit Verluste schreiben. Verantwortlich dafür ist die neue Bankensteuer der Regierung in Budapest. Zweitens aber trifft die Kreditinstitute vor allem die seit Herbst anhaltende Franken-Rally.

Inzwischen wird täglich darüber spekuliert, wann der alte Höchststand von 224 Forint je Franken überboten wird. Das Problem: Viele Ungarn haben sich in Franken verschuldet und können ihre Raten nicht mehr voll bedienen. Von mehr als neun Millionen Kreditvereinbarungen, sind über drei Millionen in irgendeiner Form notleidend.

Probleme mit Devisendarlehen (FX-Krediten) gibt es aber auch in anderen Ländern. Auch in Polen war der Franken lange in Mode, in Rumänien der Euro und in der Ukraine der Dollar. Weil die Lokalwährungen seit Ausbruch der Finanzkrise zum Teil stark unter Druck waren, haben sich die Kredite für viele über Nacht verteuert. Obwohl also viele Länder betroffen sind, und das Problem seit Jahren bekannt ist, fehlten bisher umfassende Untersuchungen. So wurde etwa die Führungsrolle österreichischer Banken bei FX-Krediten gern behauptet, aber nie nachgewiesen. Diesem besonderen Aspekt hat die Oesterreichische Notenbank, etwas versteckt im letzten Finanzmarktstabilitätsbericht, eine länderübergreifende Studie gewidmet.

Aggressive Strategie

Belegt wird darin erstmals, dass in "so gut wie allen" Ländern Mittel- und Osteuropas der Anteil von FX-Krediten bei Tochterbanken österreichischer Institute höher ist als bei ihren Mitbewerbern. In Ländern wie der Ukraine und Russland ist der Unterschied besonders markant. Vor allem kleinere Banken haben eine aggressive FX-Strategie betrieben. In Kroatien, Ungarn, Rumänien, Russland und der Ukraine haben die Töchter österreichischer Banken 71 Prozent aller aushaftenden Fremdwährungskredite vergeben.

Gezeigt wird aber auch, wie rapide die Expansion erfolgte: Zwischen 2005 und 2009 hat sich das FX-Portfolio auf fast 80 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. 37 Milliarden Euro wurden als FX-Kredite direkt von Österreich aus vergeben. Zum Vergleich: Das heimische Bruttoinlandsprodukt liegt bei 282 Milliarden.

Für den Internationalen Währungsfonds gelten FX-Kredite heute als einer der größten Gefahren für die Finanzstabilität in Osteuropa. Banken, die in fremden Währungen Geld ausborgen, müssen sich auch in diesen refinanzieren und absichern. Verfallen die Kurse, müssen die Kreditinstitute selbst in kurzer Zeit gewaltige Geldmengen auftreiben. Am Höhepunkt der Finanzkrise traf genau das ein: Im Oktober 2008 begann die Europäische Zentralbank (EZB) damit Franken in den Markt zu pumpen. Banken konnten bei der EZB im Wochentakt günstig Euro gegen Franken tauschen. Die EZB bot allwöchentlich 20 Milliarden Euro zum Tausch an. Im Durchschnitt bezogen die österreichischen Banken ein Drittel dieses Frankenbestandes, im Juli 2009 waren es sogar 45 Prozent.

Aktuell sorgen sich die Bankaufseher in Ländern mit hohen Franken-Kreditanteil aber weniger um Bankenliquidität, sonder darum, wie man den Schuldnern unter die Arme greifen kann. Derzeit ist ein Ende des Franken-Höhenfluges nicht in Sicht.

Insbesondere in Ungarn kommt noch verschärfend hinzu, dass nicht nur der Franken stark, sondern der Forint gerade schwächelt. Noch bis Mitte April gilt im Land ein Moratorium, dass die Delogierung von Häuselbesitzern untersagt. Angesichts der Tatsache, dass mehr als ein Drittel der Kredite notleidend sind muss laut PSZAF aber mehr getan werden.

Die Aufseher in Budapest empfehlen daher seit vergangenen Freitag allen Kreditinstitute ihre Frankenkredite in Euro zu konvertieren. Weil das beim derzeitigen Frankenkurs niemand tun würde, rät die PSZAF den Banken dazu Sonderangebote zu machen. Der ungarische Bankenverband zeigt sich immerhin gesprächsbereit, die Raiffeisen International findet den Vorschlag interessant und will prüfen. (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2011)