Wien - Trotz der üblichen politischen Flaute kurz nach Jahreswechsel brodelte es in grünen Web-2.0-Kreisen. Der Anlass: Ein Standard-Interview mit dem grünen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz, der sich in der Frage der rascheren Öffnung von Gemeindebauten für Nicht-EU-Ausländer gegen die Wiener Grünen-Chefin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou stellte. Derzeit müssen Menschen aus den sogenannten Drittstaaten fünf Jahre in Wien leben, bevor sie eine Gemeindewohnung beziehen können.

Vassilakou plädierte dafür, diese Frist abzuschaffen, was ihr prompt einen Rüffel via Kronen Zeitung von Bürgermeister Michael Häupl (SP) einbrachte. Auch Pilz, selbst Gemeindebaubewohner, ist dagegen, wie er im Interview erklärte: Derzeit passe die Mischung in städtischen Wohnhäusern, aber "wenn man das verändert, wird der Gemeindebau zum Ghetto". Außerdem stehe "am Ende des Integrationsprozesses nicht Klein-Istanbul, sondern eine weitgehende Assimilation der Einwanderer".

"Klaus Werner-Lobo ärgert sich über Peter Pilz", postete der Wiener Neo-Grüne prompt auf seiner Facebookseite. Vor allem der Terminus "Assimilation" sei ein "völliger Blödsinn", legte Werner-Lobo am Dienstag im Gespräch mit dem Standard nach. "80, 90 Prozent von dem, was der Peter in dem Interview sagt, ist hochintelligent", findet er, auch der von dem grünen Nationalrat begonnene Diskurs sei grundsätzlich gut. Aber die Gemeindebauten müssten "so schnell wie möglich geöffnet werden. Uns ist komplett egal, wo jemand herkommt."

Senol Akkilic, im grünen Rathausklub zuständig für Integration, meint zwar, es sei Pilz' gutes Recht, seine Meinung zu äußern - im rot-grünen Wiener Regierungsübereinkommen werde aber auf Vielfalt Wert gelegt: "Ich bin für eine Vermischung der verschiedenen Gruppen. Assimilation kann nicht die Antwort sein." Auch Akkilic plädiert für die raschere Öffnung der Gemeindebauten für Zuwanderer. Der Wohnungsmarkt spiele eine wesentliche Rolle bei der Integration, und "in den fünf Jahren, in denen einkommensschwache Familien auf eine Gemeindewohnung warten müssen, passiert viel." Vor allem (Schul-) Kinder würden geordnete Wohnverhältnisse brauchen. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2011)