Die ungarische Regierung macht "'intellektuelle' Kreise" im Land für die internationale Kritik am umstrittenen Mediengesetz verantwortlich. "Besonders deprimierend ist es, wie einzelne ungarische 'intellektuelle' Kreise im Hintergrund der hysterischen Ausbrüche gegen ihre Heimat auftauchen", schrieb der Staatssekretär im Außenministerium, Zsolt Nemeth, am Montag in einem Blogbeitrag für die offizielle Webseite der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft.

Ungarn ist seit 1. Jänner EU-Vorsitzland. Am selben Tag trat das neue Mediengesetz in Kraft, das Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen und Online-Medien unter die Kontrolle einer mächtigen, von der Regierungspartei Fidesz dominierten Medienbehörde stellt.

Das neue Gesetz, das die Pressefreiheit potenziell einschränkt, hatte im In- und Ausland heftige Kritik ausgelöst. Die EU-Kommission will es in Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit europäischem Recht überprüfen. Der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orban stellte Ende vergangener Woche nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Änderungen in Aussicht, sollte die EU-Kommission es beanstanden oder sollten sich im Laufe der Anwendung die geäußerten politischen Befürchtungen bewahrheiten.

Zugleich versucht die Regierung, jene Ungarn in ein "unpatriotisches" Licht zu rücken, die die internationale Öffentlichkeit gegen das als fragwürdig empfundene Gesetz mobilisieren. "Ungarn organisieren die internationale Unterschriftenaktion zum Schutz der Demokratie", schrieb Staatssekretär Nemeth mit empörtem Unterton in seinem Online-Beitrag.

Gleichzeitig sieht er hinter den internationalen Protesten aber auch wirtschaftliche Interessen: So verweist er auf Empörung über die von der ungarischen Regierung für manche Branchen eingeführten "Krisensteuern", die zahlreiche im Land investierende internationale Konzerne betreffen.

Ende vergangener Woche hatten 70 führende europäische Bürgerrechtler einen Aufruf gegen die Politik der Regierung Orbans veröffentlicht. Unter den Erstunterzeichnern waren der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel, der polnische Publizist Adam Michnik, die deutsche Stasiakten-Beauftragte Marianne Birthler und etliche ungarische Intellektuelle. (APA)