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Grafik: DER STANDARD

Wien/Lissabon - Der Eiertanz um die Flucht Portugals unter den EU-Rettungsschirm ist voll in Gang gekommen. Die Risikoaufschläge für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen haben in den vergangenen Tagen ein neues Rekordhoch erreicht. Am Montag hat sich die Lage zwar wieder etwas beruhigt: Die EuropäischeZentralbank hat nach Angaben von Anlegern ihre Interventionen am Anleihenmarkt fortgesetzt und portugiesische Anleihen gekauft. Als Folge sind die Ausschläge nicht mehr wesentlich gestiegen.

Aber die absolute Mehrzahl der Analysten erwartet keine anhaltende Beruhigung in der Schuldenkrise. Ganz im Gegenteil: Portugal werde keine andere Wahl haben als in den kommenden Wochen oder Monaten unter den EU-Rettungsschirm zu schlüpfen, heißt es bei Deutsche Bank, Commerzbank, UniCredit, Raiffeisen International und der Citigroup auf Anfrage unisono. Auch für Griechenland und Irland gab es an den Märkten ein Auf und Ab, bevor Dublin und Athen schließlich ausländische Hilfe inAnspruch nehmen mussten.

Der erste große Test steht Lissabon am Mittwoch bevor. Portugal will dann Anleihen mit drei- und neunjähriger Laufzeit im Wert zwischen 750 Millionen und 1,25 Milliarden Euro verkaufen. Der portugiesische Staat muss 2011 18 Milliarden Euro am Markt refinanzieren. Hinzu kommen noch Zinszahlungen auf laufende Anleihen in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Besonders im erstenHalbjahr kommen auf Portugal hohe Zahlungsverbindlichkeiten zu.

Hohe Refinanzierungskosten

Sollte die Anleihenauktion am Mittwoch scheitern, wird Lissabon umgehend Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Aber selbst wenn nicht, sind die Kosten für die Refinanzierung des Landes derzeit zu hoch. Um zehnjährige Anleihen verkaufen zu können, muss Portugal Investoren über sieben Prozent Zinsen bieten. Noch vor einem halben Jahr waren es nur fünfeinhalb Prozent gewesen.

Am Montag dementierten Paris, Berlin dennoch, dass eine Hilfsaktion bevorstehe. Beobachter erinnerten aber auch dieses Vorgehen an die Rettungsaktionen für Griechenland und Irland.

Das Vertrauen der Investoren in Portugal ist 2010 jedenfalls völlig erodiert. CMA, einer der wichtigsten privaten Anbieter von Kreditdaten, hat sich die Entwicklung der Risikoaufschläge angesehen. Verglichen wurde dabei die CDS-Werte. CDS geben Aufschluss darüber, wie hoch der Markt die Wahrscheinlichkeit der Pleite eines Schuldners bewertet.

Ergebnis:Europa ist die riskanteste Region der Welt. Unter den zehn Staaten mit der höchsten Ausfallswahrscheinlichkeit, finden sich gleich fünf EU-Länder. Neben Spanien, das ebenso wie Ungarn neu zu den Top Ten hinzugekommen ist, sind das Griechenland, Irland und Portugal. Die größte Verschlechterung der Werte hinnehmen musste im vergangenen Jahr aber Portugal. Auf Platz zwei in dieser Wertung liegt Belgien. Der belgische König Albert II. hat am Montag sicherheitshalber der amtierenden Regierung den Auftrag erteilt, 2011 stärker als bisher geplant zu sparen. (szi, DER STANDARD, Printausgabe, 11.1.2011)