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Zwei junge Männer stehen in einem beim Beben zerstörten Wohnhaus und blicken auf Port-au-Prince.

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Die Lager sind weniger voll - insgesamt leben aber immer noch bis zu 900.000 Menschen in Zelten.

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So sah ein Lager in der Hafenstadt Léogâne im Jänner 2010 aus.

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Ein Jahr später sind die vielen Zelte einigen Wellblechhütten gewichen.

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Die kleinen hellblauen Hütten werden "Transitional Shelters" genannt und wurden von der Hilfsorganisation Care errichtet.

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Hunderttausende Menschen leben nach wie vor in Lagern - einige wollen dort nicht mehr weg.

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"Große Wiedereröffnung" steht auf dem Transparent des Schreibwarengeschäfts, das quer über die Straße in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince hängt. Am Straßenrand verkaufen Händler in Ständen Motoröl, DVDs und Nahrungsmittel. Ein Jahr nach dem schweren Beben vom 12. Jänner scheint Normalität zurückgekehrt zu sein - auf den ersten Blick.

Wer genauer hinsieht, erkennt, wie quälend langsam der Wiederaufbau vorangeht. Das Hotel Villa Creole im Stadtteil Pétionville ist zwar zum Beispiel wieder in Betrieb, keine Medikamentenpakete türmen sich mehr in der Lobby. Ein gelb-schwarzes Absperrband versperrt aber immer noch den Aufgang zum ersten Stock. "Es ist schwierig eine Baufirma zu bekommen. So viele Gebäude sind zerstört", sagt der Rezeptionist.

Wenig Geld für Schuttbeseitigung

Maximal 15 Prozent der geschätzten 20 Millionen Kubikmeter Schutt sind bisher verschwunden. Für Emmanuelle Schneider von der UN-Mission OCHA ist einer der Gründe für die schleppende Schuttbeseitigung, dass dafür sehr wenig budgetiert worden sei. "Es ist öffentlichkeitswirksamer, ein neues Spital zu bauen als Lastwagen zu bezahlen", sagt sie.

Jon Piechowski, Sprecher der US-Botschaft in Haiti, meint wiederum, es liege an der dichten Verbauung. Es kämen einfach keine schweren Maschinen durch. Fast 400.000 Gebäude sind mit roten, gelben oder grünen Markierungen versehen - sie sind entweder abbruchreif, reparierbar oder sicher.

Den Haitianern sind diese Schwierigkeiten ziemlich egal. Bis zu 900.000 von ihnen leben laut UN noch immer in Lagern. Wie Jaques Dugall. Mit fast 3000 Menschen teilt er sich das Camp Toussaint. Direkt gegenüber des zerstörten Präsidentenpalasts, der noch immer in Trümmern liegt - wie auch die Kathedrale.

"Wir hatten schon 21 Choleratote hier, aber Hilfe ist noch nie gekommen", klagt der 37-Jährige. Die Situation sei trist. Zehnjährige Mädchen würden sich prostituieren; viele Leute nähmen Drogen, die Kriminalität sei hoch. Seine Wellblechhütte versperrt Dugall mit einem Vorhängeschloss.

Wellblechhütten statt Zelte

Die Zeltreihen im Lager auf dem Sportplatz in Léogâne haben sich im Vergleich zu Jänner und März 2010 aber ein wenig gelichtet. Viele selbstgebastelte Zelte sind Wellblechhütten gewichen. Und nicht jeder will zurück: "Mein Haus ist zwar bewohnbar, aber ich will dort nicht mehr hin. Das Trauma ist zu groß", erzählt Carson Gedeon im Lager Jean-Eric Baptiste in Carrefour, das von der Hilfsorganisation Care betreut wird. Es gibt chemische Toiletten, Latrinen, Duschen und Verkaufsstände.

Manchen geht es im Lager sogar besser als zuvor, behauptet OCHA-Sprecherin Schneider. "Wir gehen davon aus, dass viele Menschen auch die provisorischen Häuser, die errichtet werden, nicht mehr verlassen werden. Sie haben vorher in Slums ohne Strom, Fließwasser und Toiletten gelebt."

"Transitional Shelters"

Wie "Transitional Shelters" aussehen, kann man in Astec, einem Viertel in Carrefour, sehen. 300 der je 18 Quadratmeter großen Hütten hat Care bisher errichtet. Es sind mit dicken blauen oder roten Plastikplanen verkleidete Holzkonstruktionen mit Metalldach. Soweit möglich, wird Baumaterial aus Haiti verwendet, Care stellt den einheimischen Baumeister zu Verfügung. 1500 der auch von Care Österreich unterstützten Objekte sollen es insgesamt werden - für besonders hart betroffene Familien.

Willy Exalus lebt dort mit seiner Frau und sieben Kindern. Er sagt, er sei zufrieden. Einzig die Kälte in der Nacht sei manchmal unangenehm. Maximal drei Jahre lang sollen die Bebenopfer in Provisorien wie diesen leben. Dann sollen sie zurückziehen oder neue Behausungen ausgebaut haben. Die verwertbaren Reste von Exalus' altem Haus liegen derzeit noch in Stapeln neben der Hütte. (Michael Möseneder aus Port-au-Prince, DER STANDARD-Printausgabe, 11.1.2011)

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