Berlin - Die Sarrazin-Debatte hat sich negativ auf das Zugehörigkeitsgefühl von Migranten in Deutschland ausgewirkt: Nach einer Studie blicken Zuwanderer mit weniger Zuversicht auf das Zusammenleben als noch vor einem Jahr. Stimmten im Jahr 2009 noch 21,7 Prozent der Zuwanderer in Deutschland "voll und ganz" der Aussage zu, dass Mehrheits- und Zuwandererbevölkerung "ungestört miteinander" leben, waren es Ende 2010 nur noch 9,1 Prozent, wie aus einer am Montag veröffentlichten vergleichenden Befragung des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hervorgeht.

Umgekehrt habe sich der Anteil der pessimistischen Einschätzungen unter den Zuwanderern fast verdoppelt: 2009 hätten nur 3,5 Prozent der Einschätzung eines ungestörten Miteinanders "gar nicht" zugestimmt. Im vergangenen Jahr stieg dieser Anteil auf sechs Prozent. Allerdings überwiegt bei den Zuwanderern weiterhin eine verhalten positive Einschätzung des Zusammenlebens.

"Spuren hinterlassen"

Dagegen sei in der übrigen Bevölkerung die "pragmatisch-differenzierte" Haltung gewachsen, heißt es in der Umfrageauswertung weiter. Der Anteil derjenigen, die das Zusammenleben mit teils ungestört, teils problematisch bewerteten, stieg von 20,9 auf 34,2 Prozent an. Umgekehrt sank der Anteil derer, die ein ungestörtes Miteinander eher verneinten, von 33,8 auf 25,5 Prozent.

"Die Sarrazin-Debatte hat in der Einwanderungsgesellschaft Spuren hinterlassen", erklärte der SVR-Vorsitzende Klaus Bade. Es gebe in den Meinungsspitzen mehr Pessimismus bei den Zuwanderern und mehr Pragmatismus bei den Deutschen. "Aber das breite Mittelfeld bleibt auf beiden Seiten eher gelassen. Und das ist am wichtigsten", fügte Bade hinzu. Er warnte zugleich, dass die Debatte um das Buch von Thilo Sarrazin das Image des Einwanderungslandes Deutschland im Ausland beschädigt haben und potenzielle qualifizierte Zuwanderer verprellen könnte. Sarrazin hatte bestimmten Gruppen von Migranten die Bereitschaft zur Integration abgesprochen. Für die Umfrage wurden 2009 und 2010 mehr als 2.000 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund befragt. (APA)