Michael Ludwig ist im Gemeindebau aufgewachsen, seit 1999 im Gemeinderat, seit 2007 für die Gemeindebauten zuständig.

Foto: Heribert Corn, corn.at

Wien - Einen kurzen Augenblick lang weiß Michael Ludwig nicht, wie ihm geschieht, als die junge Frau vor dem Karl-Wrba-Hof in Favoriten auf ihn zustürmt. "Sind Sie Gemeindebau?", fragt sie in gebrochenem Deutsch und mit ungebrochener Begeisterung. "Super, ich kenn' Sie aus Fernsehen, super!" Ludwig lacht, schüttelt ihr die Hand, erklärt, dass er für die Gemeindebauten zuständig sei.

Fünf-, sechsmal ist Ludwig jede Woche in den städtischen Wohnhausanlagen unterwegs. Im Karl-Wrba-Hof besucht er eine Frauengruppe, die einen Nachbarschaftstreff auf die Beine gestellt hat. Er kommt leicht mit den Leuten ins Gespräch, ohne groß Schmäh zu führen, hört zu, fragt nach.

Verbesserungsauftrag

Seit 2007 ist Ludwig für die 220.000 Gemeindewohnungen zuständig. Bei der Wien-Wahl im vergangenen Oktober hat die FPÖ in den Gemeindebauten, dem alten Kampffeld im Duell mit der SPÖ, wieder ordentlich zulegen können. Das hat einen Grund: Ludwig hat vom jetzigen Bundeskanzler Werner Faymann mit der ausgelagerten städtischen Hausverwaltung "Wiener Wohnen" eine ordentliche Baustelle übernommen. Einmal gab es Kritik an den Waschküchen, dann wieder an der mangelhaften Schneeräumung. Herbert Jansky, der Chef von Wiener Wohnen, musste Anfang 2009 gehen. Nun wurde die Neustrukturierung der städtischen Hausverwaltung im Koalitionsvertrag mit den Grünen festgeschrieben. "Da muss sich einiges ändern, und das ist noch freundlich ausgedrückt", hat Bürgermeister Häupl kürzlich im Standard-Interview gesagt.

Umgänglich, konziliant, kompetent, gesprächsbereit. Michael Ludwig ist einer, über den jeder Gutes zu sagen weiß - auch über Parteigrenzen hinweg, trotz heftiger Kritik während des Wahlkampfes. Sehr gebildet und belesen sei Ludwig, einer der sich nie im Ton vergreife, sagt Norbert Walter, der Wohnbausprecher der ÖVP, der vor der Wahl die "skandalösen Zustände bei Wiener Wohnen" angeprangert hatte.

Grünen-Klubchef David Ellensohn hat mit Ludwig bei den Koalitionsgesprächen den Bereich Wohnbau verhandelt. Das Gesprächsklima sei angenehm und ergebnisorientiert gewesen. Aber auch bereits zu Zeiten der SP-Absoluten habe Ludwig im Wohnbauausschuss versucht, die anderen Parteien einzubinden. Vor der Wahl haben allerdings auch die Grünen immer wieder auf das Wohnbauressort hingehaut.

Größtmöglichen Konsens zu finden sei ihm wichtig, sagt Ludwig. Das setze oft sehr lange Diskussionen voraus. "Aber das macht mir Spaß und ist auch eine intellektuelle Herausforderung."

Ludwig ist selbst in einem Gemeindebau in Großjedlersdorf im 21. Bezirk aufgewachsen. In der dortigen Sektion in Großjedlersdorf hat er mit 18 Jahren politisch begonnen, hat zunächst die Mitgliedsbeiträge in seiner Wohnanlage kassiert und übernahm allmählich immer mehr Funktionen in der Floridsdorfer Partei. Das ist heute sein größtes innerparteiliches Plus - die Hausmacht der tiefroten Sektion macht ihn zu einem Mann, mit dem man in der Wiener SPÖ rechnen muss. Genauso hilft ihm, dass Häupls langjähriger Intimus Harry Kopietz, jetzt Landtagspräsident, Ludwigs politischer Mentor ist. Seine Dissertation schrieb der Politologe und Historiker über die Entwicklung der SED zu einer marxistisch-leninistischen Kaderpartei. Nach dem Studium war der Vielleser in der Erwachsenenbildung tätig, leitete das Karl-Renner-Institut. Bis heute ist er Vorsitzender der Volkshochschulen.

Kurzzeit-Vize

Als Vizebürgermeisterin Grete Laska nach dem Debakel um den Prater-Vorplatz 2009 gehen musste, soll Ludwig gehofft haben, das Bildungsressort zu übernehmen. Das bekam Christian Oxonitsch, dafür wurde Ludwig Vizebürgermeister. Nur kurz, nach der Wahl musste er den Vize wieder an die Grüne Maria Vassilakou abtreten. Aus dem Rennen als möglicher Nachfolger Häupls dürfte er trotzdem nicht sein. Denn ein Name wird neben Renate Brauner und Christian Oxonitsch immer genannt - Michael Ludwig. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD-Printausgabe, 8./9.1.2011)