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Li Keqiang könnte zum nächsten chinesischen Ministerpräsidenten aufsteigen. In Deutschland warb er um engere Zusammenarbeit.

Foto: Reuters/Gottschalk

Berlin/Peking - Für VW und Daimler hat sich der Deutschland-Besuch des chinesischen Vizepremierministers Li Keqiang auf alle Fälle gelohnt. Die Autobauer unterzeichneten am Freitag Aufträge im Wert von rund fünf Milliarden Euro. Li gilt als heißester Anwärter auf die Nachfolge des amtierenden Regierungschefs Wen Jiabao und wirbt derzeit in Europa für engere Wirtschaftsbeziehungen - zunächst in Spanien, seit Donnerstag in Deutschland.

Auf politischer Ebene versucht man mit der Botschaft zu punkten, auch in Zukunft Anleihen von europäischen Ländern zu kaufen. Dem angeschlagenen Spanien wurde signalisiert, das Paket der Anleihen künftig noch aufzustocken. Aber auch generell gelte: "Der Euro und die europäischen Finanzmärkte sind wichtige Bestandteile des globalen Finanzsystems. Sie gehören zu den wichtigsten Investitionsfeldern für Chinas ausländische Währungsreserven in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft", sagte der Leiter der Staatsbehörde für Währungsreserven, Yi Gang.

Wichtigster deutscher Lieferant

Wie eng China mit Deutschland mittlerweile verwoben ist, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. China ist 2010 zum wichtigsten Lieferanten der deutschen Wirtschaft aufgestiegen. Von Jänner bis September legten die Importe um 35 Prozent auf 55,3 Milliarden Euro zu. Das ist deutlich mehr als Deutschland aus den USA und Japan zusammen eingeführt hat.

Noch schneller wachsen die Exporte in die Volksrepublik. Sie legten in den ersten drei Quartalen 2010 um 46 Prozent auf 39 Mrd. Euro zu. Größte Exportschlager sind neben Autos Maschinen und Chemieprodukte. Zunehmend gefragt sind aber auch umweltfreundliche Technologien.

Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht aber noch Verbesserungsbedarf. "Ausländische Unternehmen beklagen immer wieder einen Mangel an Transparenz und Berechenbarkeit", sagte er dem Handelsblatt. Sie würden gegenüber chinesischen Betrieben benachteiligt. Man sei auch zu einem Technologietransfer nach China bereit, allerdings nur auf freiwilliger Basis. "Wer versucht, einen Technologietransfer zu erzwingen, tut sich damit auf Dauer keinen Gefallen", sagte Brüderle. Von Wirtschaftsseite wird auch seit langem der mangelnde Patentschutz im Reich der Mitte beklagt.

Spionageverdacht

Wenig Freude mit China hat aktuell auch der französische Autohersteller Renault. Es geht um einen vermeintlichen Fall von Industriespionage im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Elektroautos. Am Dienstag wurden drei Renault-Führungskräfte entlassen. Hinter der Spionage soll ein "chinesischer Hintermann" stecken, berichtet Le Figaro. Auch die französischen Geheimdienste sollen die chinesische Spur für wahrscheinlich halten. Das Büro von Staatspräsident Nicolas Sarkozy habe den Geheimdienst DCRI mit einer Untersuchung der Rolle Chinas beauftragt. Industrieminister Eric Besson sprach gar von "Wirtschaftskrieg". (Reuters, go, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.1.2011)