Wien - In ihrem Bestreben, eine gemeinsame Schule der Zehn-bis 14-Jährigen zu schaffen, hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) - mit Zustimmung des Koalitionspartners ÖVP - im Jahr 2008 die "Neue Mittelschule" (NMS) auf Schiene gebracht. Damals starteten in Kärnten, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark und Vorarlberg an 67 Standorten gesetzlich verankerte Modellversuche mit 167 Klassen und rund 3.700 Schülern. Mittlerweile gibt es 320 NMS-Standorte mit rund 35.000 Schülern in rund 1.650 Klassen. Die "Neue Mittelschule" ist aber keine Gesamtschule: Sie ersetzt nicht Hauptschule und AHS-Unterstufe, sondern wird parallel dazu geführt.

Als Hauptmotivation für die Einrichtung der "Neuen Mittelschule" gilt die nach Ansicht der Befürworter "zu frühe" Bildungswegentscheidung im Alter von neun Jahren, was zu "sozialen Ungerechtigkeiten" führe. Derzeit müssen sich Kinder Mitte der 4. Klasse Volksschule entscheiden, ob sie in eine AHS oder eine Hauptschule weitergehen. In der NMS sollen sie sich erst mit 14 Jahren für den weiteren Bildungsweg entscheiden.

AHS-Lehrplan

Inhaltlich gilt für die Modellversuche der Lehrplan der AHS-Unterstufe. Laut Unterrichtsministerium sind "Individualisierung" und "Differenzierung" die bestimmenden pädagogischen Konzepte in den "Neuen Mittelschulen". Das bedeutet, dass sich der Unterricht am individuellen Leistungsniveau der Schüler orientiert. An NMS werden Schüler mit und ohne AHS-Reife unterrichtet. Zudem soll der Unterricht in flexiblen Kleingruppen erfolgen, Themen fächerübergreifend, projektorientiert und in offenen Lernformen erarbeitet werden.

Zehn-Prozent-Grenze

Die Modellversuche sind über eine Änderung des Schulorganisationsgesetzes gesetzlich abgesichert. Das gibt ihnen eine Bestandsgarantie: Ursprünglich war geplant, dass neue Jahrgänge der vierjährigen Modellversuche bis 2011/12 begonnen werden können. Das Interesse der Bundesländer an der neuen Schulform war allerdings so groß, dass schon bald die Zehn-Prozent-Grenze für Schulversuche erreicht wurde. Diese Grenze galt ursprünglich sowohl für die Klassen in jedem Bundesland als auch bundesweit, Anfang 2009 einigten sich die Koalitionsparteien darauf, dass maximal zehn Prozent der Klassen bundesweit als NMS geführt werden dürfen. Diese Grenze wurde mit Beginn des laufenden Schuljahrs bereits erreicht, zahlreiche Anträge auf Einrichtung von NMS mussten deshalb abgewiesen werden. Unter Beachtung der Zehn-Prozent-Grenze werden im Endausbau rund 75.000 Schüler in 3.400 Klassen eine NMS besuchen.

Für die Einrichtung einer NMS müssen an jedem Standort zwei Drittel der Lehrer und Eltern der Einrichtung eines Modellversuchs zustimmen. Zusätzlich müssen auch AHS und Hauptschule in zumutbarer Entfernung als Alternative angeboten werden. (APA)