Mit dem HK Jesenice wurde Conny Strömberg zwei Mal slowenischer Meister.

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Dank seiner 99 Punkte in 80 Spielen wurde Örebro in weniger als zwei Jahren vom Drittligisten zum Elitserien-Kandidaten.

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Das beschauliche Städtchen Örnsköldsvik, gelegen rund 500 Kilometer nördlich von Stockholm, zählt nur knapp 30.000 Einwohner. Auf der Landkarte des schwedischen Eishockeys ist es dennoch ein großer Ort, hat der hier beheimatete Klub MoDo doch legendäre Spieler wie Peter Forsberg, Markus Näslund oder die Sedin-Zwillinge Henrik und Daniel hervorgebracht. Ähnliches Talent wie den genannten Größen des Eishockeysports wurde in Örnsköldsvik auch stets einem weiteren, in Österreich nicht unbekannten Sohn der Stadt zugeschrieben. Doch ganz nach oben hat es Conny Strömberg, ehemals für die Graz 99ers und den HK Jesenice aktiv, nie geschafft, vornehmlich weil er sich oft selbst im Weg stand.

Kündigung live im Fernsehen

Am Mittwoch erreichte die Karriere von Conny Strömberg einen neuen Tiefpunkt. Der Führende in der Scorerliste der Allsvenkan, der zweithöchsten schwedischen Spielklasse, wurde in der Drittelpause des Heimspiels seines Klubs Örebro gegen Mora vor laufenden Kameras entlassen, Sportdirektor Lars Andersson gab in einem Live-Interview bekannt, dass er trotz bis Sommer 2012 laufenden Vertrags sein letztes Spiel für den Verein gemacht hat. Strömberg selbst saß zu diesem Zeitpunkt vor dem TV-Gerät, zum zweiten Mal in der laufenden Saison war er vom Klub suspendiert worden. Wieder einmal kam dem 35jährigen seine Vorliebe für Bier und Vodka in die Quere, sie sind der Hauptgrund dafür, dass sein Name heute in jeder Auflistung hochtalentierter aber gescheiterter schwedischer Spieler genannt wird.

Der Unterhaltungskünstler

Zeit seiner Karriere war Strömberg ein außergewöhnlicher Spieler. Zwar kannte er die Eisfläche hinter der roten Linie nur vom Hörensagen, in der anderen, der offensiven Hälfte des Felds sorgte er ob seiner spektakulären Spielweise jedoch bei jedem seiner Klubs für Begeisterung bei den Fans. Stets wurde er mehr als Unterhaltungskünstler und weniger als Profisportler gesehen, unglücklicher Weise traf das auch immer auf seinen Lebenswandel zu. Technisch und eisläuferisch brilliant wirbelte er über das Eis und erzielte unzählige bemerkenswerte Tore aus den unmöglichsten Situationen heraus - ganz egal ob im Europacup oder den Niederungen der dritten deutschen Liga. Als er im Sommer 2009 den HK Jesenice und damit die EBEL verließ, weinten ihm jedoch nicht nur die Fans sondern auch die Lokalbetreiber in Kranjska Gora die eine oder andere Träne nach - auch das war an kaum einer der (bisher) 14 Stationen seiner Profikarriere anders.

Quote 60,00 für Topscorer Strömberg

Nach seinem Abgang aus Slowenien vor eineinhalb Jahren schloss sich Conny Strömberg dem Örebro HK, damals Aufsteiger in die Allsvenskan, an. Ausschlaggebend dafür war auch, dass sein uneheliches Kind und dessen Mutter in der Umgebung der sechstgrößten Stadt des Landes leben. Während sich seine Teamkollegen auf eine für den Aufsteiger harte Saison vorbereiteten, spielte Strömberg jedoch lieber Tennis in seiner Heimatstadt, in seinem Vertrag ließ er sich festschreiben, wesentliche Teile der Saisonvorbereitung selbstständig zu absolvieren. Trotzdem avancierte er nach wenigen Spielen bereits zum Publikumsliebling, wurde im weiteren Saisonverlauf auch sportlich zum alle anderen überstrahlenden Schlüsselspieler des Klubs. Am Ende des Jahres hatte Örebro den Klassenerhalt souverän gesichert und Conny Strömberg ging ins Wettbüro, um seinen Gewinn abzuholen. Der selbstsichere Stürmer hatte nämlich vor Saisonbeginn auf sich selbst als Liga-Topscorer gewettet, kassierte nun das 60-fache seines Einsatzes. Einen Teil des Geldes investierte er in eine Party für seine Mannschaft, als kleine Wiedergutmachung, denn vor Verein und Klubkollegen hatte er seine Wette natürlich geheim gehalten.

Weihnachten in der Zelle

Im Sommer 2010 verlängerte der Verein den Vertrag mit dem 35jährigen um zwei weitere Jahre. Ein halbes Jahr später ist Örebro - vor 21 Monaten noch ein Drittligist - als Tabellenführer auf dem besten Weg in die Elitserien, Strömberg steht erneut an der Spitze der Scorerliste. Und das, obwohl er weniger Spiele absolviert hat als seine direkten Konkurrenten, denn bereits im Oktober wurde der Topscorer für zwei Spiele suspendiert, nachdem er alkoholisiert zum Training erschienen war.

Am Mittwoch trennten sich die Wege von Örebro und Conny Strömberg jedoch endgültig. In der Nacht vom 23. auf 24.Dezember wurde der Stürmer im Stadtzentrum von Örnsköldsvik in betrunkenem Zustand von der Polizei aufgegriffen und verbrachte die ersten Stunden des Heiligen Abends in der Ausnüchterungszelle. Ein Vorfall, den er vor den Klubverantwortlichen, die ihn schon im Oktober die Rute ins Fenster gestellt und das Annehmen professioneller Hilfe nahegelegt hatten, geheim halten wollte. Der Plan ging nicht auf.

Forsbergs Kopf, Strömbergs Körper

Wie es nun um Conny Strömbergs Zukunft bestellt ist, steht völlig offen. Ein Engagement in der Elitserien hat er persönlich in den letzten Jahren stets ausgeschlossen, sein ehemaliger Arbeitgeber Örebro versucht zu verhindern, dass er einen direkten Konkurrenten in der Allsvenskan verstärkt. Die Beendigung der Karriere kommt für den Eishockeyartisten selbst wohl nicht in Frage, also bleibt die Option eines Wechsels ins Ausland.
Auch wenn für Strömberg oft die Party Vorrang vor dem Sport genießt, wäre er für eine Reihe von EBEL-Klubs alleine schon aufgrund seines spielerischen Potentials und seiner spektakulären Spielweise eine wesentliche Verstärkung. Mats Wennerholm, einer der bekanntesten Eishockey-Journalisten Schwedens, schrieb kürzlich in seinem Blog ganz richtig: „Würde man den Kopf von Peter Forsberg auf Conny Strömbergs Körper setzen, käme dabei ein Spieler heraus, der auch noch heute ein NHL-Star wäre." 

In diesem Sinne: Mögen Strömbergs 149 Punkte in 135 Spielen für Graz und Jesenice nicht seine letzten in der EBEL gewesen sein! (Hannes Biedermann; derStandard.at; 6. Jänner 2011)