Anerkennung für Bierspezialitäten findet Gerhard Forstner bei Verkostungen mit Experten, weniger bei der Laufkundschaft.

Foto: Conrad Seidl

Der steirische Optiker Gerhard Forstner hat sich schon in allen möglichen Berufen versucht – sogar als Biobauer. Als Brauer von Bierspezialitäten hat er seine Berufung gefunden, erzählte er Conrad Seidl.

"Das Schlüsselerlebnis hatte ich auf einer Studienreise zu belgischen Bauereien, da bin ich im Ausschank vom Kloster Achel gesessen und habe in meinen Kalender notiert: 'Bis heute habe ich geglaubt, dass ich Bier brauen kann.' Das war im Mai 2006, und da hab ich die Brauerei in Kalsdorf immerhin schon sechs Jahre gehabt. Aber das, was ich da gekostet habe, das war so anders, so viel aromatischer und ausdrucksstärker als alles, was man bei uns kennt, dass ich das unbedingt selber brauen wollte. Ich habe dann jedem Brauer, den ich in Belgien getroffen habe, Löcher in den Bauch gefragt, über Rezepte, über Hefen.

Und dann bin ich zurück nach Kalsdorf und habe versucht, das umzusetzen – weg vom hellen Lager, das alle brauen, hin zum starken Ale. Das haben nicht alle verstanden, eigentlich: Es haben die wenigsten verstanden. Ich hab die Brauerei ja seinerzeit gegründet, weil sie am Murradweg liegt, das war ein ehemaliges Schulhaus, in dem in den 1990er-Jahren eine Gärtnerei war. Gefunden hab ich die über eine Kleinanzeige: 'Landwirtschaft zu pachten'.

Ich hab mir gedacht, dass das doch ein Erfolg werden muss, wenn man da eine Bier-Buschenschank einrichtet, die Radfahrer sollten ja eine Grundauslastung bringen. Aber da tut es dir halt weh, wenn du dich bemühst, interessante Biere zu brauen, und dann kommen die Leute herein und bestellen einfach 'drei Bier'. Oder 'drei Radler'.

Deshalb hab ich den Biergartenbetrieb eingeschränkt. Ich sag ja immer: 'Ich habe eine Brauerei, keinen Bierkopierer. Wenn jemand ein Bier will, wie er es anderswo auch bekommen kann, dann soll er auch anderswo hingehen.'

Das ist, das gebe ich schon zu, ein bisserl hochmütig. Aber ich hab immer einen einfachen Zugang: Ich betreibe die Brauanlage für mich und lasse die anderen mittrinken, damit ich mir das leisten kann. Inzwischen braue ich sechs verschiedene belgische Ales und das Styrian Ale nach englischer Art.

Dafür kriegst du Anerkennung von Experten: Garret Oliver von der Brooklyn Brewery hat meinen Stand auf dem Salone del Gusto besucht, weil meine Frau, die Elfi, ihn hingelockt hat. Aber dann ist er nicht weggegangen, bevor er alle Biere gekostet hat. Aber von der Laufkundschaft darf man sich nicht viel erwarten.

Daher ist der Gastbetrieb immer weniger bedeutend für mich, die Flaschenabfüllung nimmt dafür ständig zu. Ich meine: Das alles ist immer noch auf einem sehr bescheidenen Niveau, da sprechen wir von 110 Hektolitern im Jahr. Und der Umsatz schwankt zwischen 90.000 und 110.000 Euro im Jahr. Von einem kommerziellen Erfolg bin ich also weit entfernt.

Auch von den Vorstellungen, die ich am Anfang gehabt habe: Da wollte ich selber Gerste und Hopfen anbauen und die Brauerei so wie eine Buschenschank aufziehen. Aber Bier ist für Buschenschanken gesetzlich nicht vorgesehen. Andererseits ist man mir bei der Gewerbeanmeldung sehr entgegengekommen: Ich war mit 50 für einen Jungunternehmer nicht mehr ganz jung, aber ich war vorher 15 Jahre Biobauer und habe Brot und Bio-Tofu hergestellt – also wurde meine Erfahrung im Lebensmittelbetrieb anerkannt.

Und unternehmerische Erfahrung hatte ich ja auch: Begonnen habe ich seinerzeit als Optiker, da habe ich sieben Jahre als Vertreter für einen Brillenhersteller gearbeitet und nebenbei die Meisterprüfung gemacht. Dann habe ich ein eigenes Geschäft in Graz aufgemacht – bis ich draufgekommen bin, dass ich mir damit ein Gefängnis auf elf Quadratmetern mit festen Öffnungszeiten eingehandelt habe. Deshalb bin ich damals ausgestiegen, hab alles verkauft – ich war dann drei Monate in einem buddhistischen Tempel, habe auf Biobauer umgesattelt und dann eben auf Bierbrauer." (DER STANDARD, Printausgabe, 5.11.2010)