Bereits 2005 sollte die Reiterstatue versteigert werden.

Foto: Im Kinsky

Sie landete in Privatbesitz und sollte versteigert werden. Seither wartet sie auf die Klärung der Eigentumsverhältnisse.

Wien/London – In seiner aktuellen Ausgabe berichtet Profil über einen grotesken Streitfall um eine Reiterstatuette aus dem 17. Jahrhundert. Am 8. Juli 2010 hätte die Caspar Gras zugeschriebene kleine Skulptur bei Sotheby's in London versteigert werden sollen. Über die Niederlassung des Auktionshauses in Wien hatte die Besitzerin Fryderyke Sandberg die Bronzefigur auf eine vermeintlich lukrative Reise geschickt und hoffte angesichts des Schätzwertes auf einen Verkaufserlös zwischen 143.600 und 179.500 Euro. Sechs Tage vor der Auktion intervenierte eine Vertreterin der österreichischen Botschaft bei Sotheby's, die Eigentumsverhältnisse seien tatsächlich andere, konkret stamme die Statuette aus dem Kunsthistorischen Museum (KHM) und sei damit Eigentum der Republik. Seither lagert das Kunstwerk bei Sotheby's im Depot, und immer mehr Details der komplexen Vorgeschichte gelangen an die Öffentlichkeit.

Wie Standard-Recherchen ergaben, wähnte das KHM das Objekt wohl noch 1986 in seinem Besitz. Zumindest legt das der Katalogtext zu einer Ausstellung in Washington (Renaissance Master Bronzes) nahe: Dort beschreibt Manfred Leithe-Jasper, damaliger Direktor der Kunstkammer, die im Besitz des KHM befindliche Serie an Reiterstatuen und beziffert sie mit fünf Exemplaren. Auch Sotheby's führte diese Literatur an, nicht die aktuellere von 1996 (Ferdinandeum, Ruhm und Sinnlichkeit), in der die Anzahl revidiert worden war. Denn da waren es statt fünf nur noch vier Skulpturen, vermerkte Leithe-Jasper bei Inv. Nr. 5995: "In den Wirren zu Ende des Zweiten Weltkrieges gestohlen (...), heute in einer Wiener Privatsammlung". Spätestens zwischen 1986 und 1996 scheint man den Verlust auch seitens des Museums entdeckt und ansatzweise recherchiert zu haben.

1908 hatte das KHM die Bronze, die einen reitenden Erzherzog (Ferdinand Karl oder Sigmund Franz) darstellt, zu Ausstattungszwecken der Burghauptmannschaft überlassen. Bei Revisionen 1932 und 1942 war sie noch vorhanden. Auf einer alten, im Archiv der Bundesmobilienverwaltung verwahrten und um 1929/31 entstandenen Aufnahme vollführten Ross und Reiter auf einem Pietra-Dura-Schrank in der Hofburg noch eine Levade. Dann verlor sich die Spur.

1999, schildert Markus Fellner, seit Juli 2010 von der Republik Österreich in dieser Causa beauftragter Rechtsanwalt, sei dem KHM die Statuette erstmals zum Kauf angeboten worden. Man habe die Kunsthändler Giese & Schweiger aber sofort darauf hingewiesen, dass es sich dabei um gestohlenes Kunstgut handle.

Ausfuhr war genehmigt

Dennoch wechselte das Objekt einige Zeit später über einen anderen Kunsthändler in Privatbesitz, laut Profil verkaufte es Stephan Andreéwitsch an Herbert Sandberg, der kurz darauf verstarb. Dessen Witwe Fryderyke, so die Kurzfassung, war einem Verkauf nie abgeneigt, im Gegenteil. Das Recht hatte sie über den sogenannten "gutgläubigen Erwerb" auf ihrer Seite, der Diebstahl war verjährt. 2004, schildert Ulrike Emberger, stellvertretende Leiterin der Ausfuhrabteilung im Bundesdenkmalamt, wurde der Antrag auf Ausfuhr gestellt, die Genehmigung allerdings nicht erteilt. Anschließende Versuche eines Verkaufs in Österreich scheiterten. Zuletzt buhlte die Bronze im November 2005 über das Auktionshaus Im Kinsky zum damaligen Schätzwert von 150.000 bis 250. 000 Euro um einen neuen Besitzer. Das Objekt blieb unverkauft. Das KHM unternahm keine weiteren Schritte. Vorerst.

Laut Emberger beantragte Fryderyke Sandberg etwa 2007 die Wiederaufnahme des Verfahrens, dem Ende 2009 schließlich auch stattgegeben wurde. Mit dem KHM sei man stets in Kontakt gewesen, und man habe auch zwischen den Parteien zu vermitteln versucht. Vergeblich. Der Reiter reiste mitsamt der Ausfuhrbewilligung nach London, wurde wie erwähnt wenige Tage vor der Auktion zurückgezogen und wartet seither auf die Klärung der Eigentumsverhältnisse.

Laut Profil peilen die beiden Parteien einen Vergleich an. Das bestätigt auch Markus Fellner, und der Rechtsanwalt nennt auch einen Betrag: 60. 000 Euro, als symbolische Zahlung, nicht als Kaufpreis für etwas, das ja genau genommen dem Museum gehöre. (Olga Kronsteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 4./5. 1. 2011)