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Die Deutsche Angela Denoke ist eine erfahrene Janácek-Sängerin. 1998 triumphierte sie in "Katja Kabanowa" (Bild); im kommenden Sommer wird sie in "Die Sache Makropulos" als Emilia Marty zu bewundern sein.

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Esa-Pekka Salonen dirigiert die Wiener Philharmoniker.

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Große Opernmomente in Salzburg: Leos Janácek.

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Mit Regisseur Christoph Marthaler, Sängerin Angela Denoke und Dirigent Esa-Pekka Salonen.

Salzburg - Wenn Markus Hinterhäuser in seinem finalen Salzburger Sommer (nun als Intendant der Festspiele) Leos Janáceks Die Sache Makropulos in die Premierenfamilie aufnimmt, ist das als Fortsetzung einer schillernden Tradition innerhalb des Großfestivals zu deuten. Man erinnert sich an Produktionen wie Aus einem Totenhaus, Jenùfa und Katja Kabanowa. Ein Stück weit allerdings hat diese Auswahl auch mit der Biografie von Hinterhäusers Salzburger Eindrücken zu tun:

"Ich habe mich beim Planen ein bisschen zu erinnern versucht, welche Schlüsselerlebnisse es über die Jahre für mich bei den Festspielen gegeben hat - und es wurde schnell klar: Die prägendsten Erlebnisse standen im Zusammenhang mit dem Komponisten Janácek. Die Aufführungen seiner Opern waren für mich wirklich exemplarisch, sie hatten mich richtig mitgenommen. Ich habe mir Produktionen gleich mehrmals angesehen, Janácek habe ich durch sie auch erst richtig kennengelernt. Ich wollte diese Aspekte in meine Programmüberlegung miteinbeziehen."

Auch durch das Team für die neue Produktion hat Hinterhäuser Traditionen wie Erlebnisse berücksichtigt: Regie führt Christoph Marthaler, es dirigiert Esa-Pekka Salonen, und als Emilia Marty tritt Angela Denoke in Erscheinung, die in Salzburg seinerzeit in Katja Kabanowa triumphierte - in der Regie von Marthaler. "Denoke ist eine Idealbesetzung für diese Rolle, auch eine Sängerin, die Christoph Marthaler gut kennt", meint Hinterhäuser. "Das sind zwei, die sich verstehen. Denoke ist eine phänomenale Sängerdarstellerin, sie hat auch ein phänomenales Gehör, was nicht unwichtig ist bei dieser heiklen Musik. Ich freue mich sehr - ich könnte mir keine idealere Besetzung für die Rolle der Emilia vorstellen."

Janácek gut für Salonen

Auch der finnische Dirigent Esa-Pekka Salonen ist für Hinterhäuser eine ideale Besetzung: "Ich habe ihn 2008 mit den Wiener Philharmonikern in Salzburg zusammengebracht. Er dirigierte Konzerte, nun gibt es eben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit einer Opernproduktion. Ich halte ihn für einen der bedeutenden Dirigenten unserer Tage. Janáèeks Werke gehören auch zu jenem Repertoire, das Salonen liegt. Zudem: Als ich ihm von den Besetzungsideen erzählte, stellte sich heraus, dass Christoph Marthaler ein Regisseur war, mit dem Salonen immer schon zusammenarbeiten wollte - es hatte sich jedoch nicht ergeben."

In gewissem Sinne kein Wunder: "Marthaler lässt sich Zeit bei der Arbeit, er ist kein Regiekleinunternehmer, der ständig inszeniert", so Hinterhäuser. "Er braucht Zeit für die Beschäftigung mit den jeweiligen Stoffen. Und: Die Sache Makropulos ist ein schwieriges Stück. Es braucht da jemanden, der so ein Werk wirklich zu lesen versteht und dieses zu uns hintransportieren kann. Für Marthaler ist es das richtige Stück. Und von den Entwürfen her kann ich nur sagen: Anna Viebrock hat sich ein großartiges Bühnenbild ausgedacht."

Warum aber gerade Die Sache Makropulos in Salzburg? "Die Oper ist noch nie in Salzburg gezeigt worden - das wäre allerdings kein zureichender Grund. Ich halte sie schlicht für eine der wesentlichsten und exzentrischsten Partituren Janáceks, überhaupt für eine der exzentrischsten Opernpartituren insgesamt. Außerdem ist das Thema des Ewig-jung-Bleibens darin enthalten, das heute ja überpräsent ist."

Was Hinterhäuser meint: Die Hauptfigur der Oper, Emilia Marty ist dank eines Elixiers seit über 300 Jahren unter wechselnden Namen auf der Welt unterwegs. Der Leibarzt von Kaiser Rudolf II. (1552-1612), Hieronymos Makropulos, hatte den von ihm zusammengebrauten Saft an seiner Tochter auszuprobieren. In der Oper erfolgt durch einen Erbschaftsprozess die Enthüllung ihrer eigentlichen Identität.

Leos Janácek (1854-1928) ist auch bei dieser seiner vorletzten Oper (Uraufführung 1926) ein Komponist, der die musikalischen Linien aus der Sprachmelodie heraus entwickelt. Letztere waren für ihn Fenster zur Seele: "Sprachmelodien sind Ausdruck des Gesamtzustandes des Organismus. Sie zeigen uns den blöden und den vernünftigen Menschen, den müden und den frischen, zeigen uns das Kind und den Greis." Hier, bei der Sache Makropulos, bleibt nur noch eine Frage. Diese vermag allerdings nur Denoke im Sommer auf der Bühne zu beantworten. Wie spielt man eigentlich mehr als 300 Jahre Lebenserfahrung? (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Printausgabe, 30.12.2010)