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"Ich weiß nicht, was ich eröffne ..." - Die Cselley Mühle in Oslip

Foto: Cselley Mühle

Eisenstadt - Als die Standard-Kulturredaktion das Design dieser Serie in die Bundesländer schickte, stürzte sie den Autor dieses Teils in einige Verwirrung. Der trug sie, in der Hoffnung, geteilte Verwirrung werde eine nur noch halbe sein, in die Eisenstädter Kulturabteilung. Und so zuckten dann der Autor und der hilfreiche Beamte synchron die Achseln zum Wiener Begehr, den Anteil der "freien Szene" am Kulturbudget zu eruieren.

Diesen Begriff gibt es im Burgenland so nicht. Das mag an der Kleinheit des Landes liegen, die unter anderem dazu führt, dass jede Initiative, die anderswo unter "freie Szene" zu den Akten genommen würde, hier von Anfang an Name, Adresse und eine - wenn auch meist bescheidene - Fördernummer erhält. J:opera in Jennersdorf etwa, das Theater auf der Güssinger Burg, das Theater vor der Parndorfer Kirche.

Einmal im Jahr lädt Kulturlandesrat Helmut Bieler alle burgenländischen Intendanten ein, um mit ihnen gemeinsam die abgelaufene Saison zu feiern. Klar ist da auch die Schutzmantelmadonna pannonischer Festspielerei, Harald Serafin, zuweilen dabei. Wolfgang Werner auch, der Operndirektor aus dem Sankt Margarethener Steinbruch. Wolfgang Böck, der Komödiant, der dem Kobersdorfer Schlosshof-Theater das Schauspiel zurückbringen will. Die vielen, vielen anderen aber kennt kaum jemand. Sie haben - sieht man einmal von Frank Hoffmann ab - den Promifaktor null. Aber sie haben um sich eine Fan-Gemeinde geschart, die ihre Arbeit in hohem Maße schätzen gelernt habt. Udo Preis ist so einer, der mit seinen "limmitationes" seit fast 20 Jahren für musikalische Unruhe sorgt.

Ob das nun "freie Szene" sei, will der Autor wissen. "Natürlich", sagt der Beamte, "aber wenn man den Preis nimmt, muss man natürlich auch ..." Es wäre quasi uferlos. Und damit verwaschen. Der Begriff stammt ja aus dem Theater und beschreibt Ensembles, die keine fixen Häuser bespielen.

Das Burgenland aber hat überhaupt kein diesbezüglich fixes Haus. Das hat die Politik einst in einen bedauerlichen Zugzwang gebracht. In den 1970er-Jahren wurden quer durchs Land sogenannte Kulturzentren errichtet, Bautodsünden, die sich sonst nur im Raiffeisenkonzern finden. Heute tingeln da Tourneetruppen, ab und zu ein Kabarettist, ansonsten werden die lokalen Bälle und manchmal Parteitage dort zelebriert.

Nach der Kulturzentrenzeit kam mit Harald Serafin die Festivalzeit. Helmut Bieler hat die Zuwendungen für die Großevents schon spürbar zurückgefahren. Und umgeschichtet. In Richtung - nun ja, "freie Szene". Denn, so sagt er: "Wir wollen Vielfalt fördern, Neues ermöglichen."

Drei Häuser tun genau das seit ihrem Bestehen. Und auf sie haben der der Standard und der hilfreiche Beamte sich schließlich geeinigt, dass sie Burgenlands "freie Szene" repräsentieren: das Oho in Oberwart, die kroatische Kuga in Großwarasdorf / Veliki Boristof und die Cselley-Mühle zu Oslip. Es sind dies jene Zentren, die - wie nennt man das denn in der Stadt? - sich nicht scheuen, auch im öffentlichen, also politischen Raum zu intervenieren.

Das umgekehrt nicht zu tun, hat Bieler sich vorgenommen. "Kulturpolitik soll ja nicht selber Kultur machen, sondern die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen, dass kreative Menschen ihre Ideen umsetzen können." Mag sein, Bieler hat da seinen Fred Sinowatz im Ohr. Der sagte als Unterrichtsminister vor 34 Jahren im Hof der Cselley-Mühle einen der gescheitesten und mutigsten Sätze, die je ein österreichischer Politiker über die Lippen gebracht hat: "Ich weiß nicht, was ich eröffne, aber ich eröffne es." Das Unerhörte dabei: Er klang tatsächlich neugierig. (Wolfgang Weisgram / DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2010)