New York / Wien - Eine der wichtigsten und sensibelsten Aufgaben Österreichs im UN-Sicherheitsrat war zwei Jahre lang die Leitung des "1267 committee", des Al-Kaida/Taliban-Sanktionenkomitees des Sicherheitsrats. Dieses verwaltet die Uno-"Terrorliste" mit Personen und Gruppen, die wegen Terrorismus-Verwicklungen unter Sanktionen stehen.

Die, wie sie offiziell heißt, "Konsolidierte Liste" hat im Moment 485 Einträge: 257 Personen und 92 Gruppen, die mit Al-Kaida, sowie 136 Personen, die mit den Taliban in Zusammenhang gebracht werden. Aufgrund der vom österreichischen Komiteevorsitz geleiteten Revision wurden 48 Namen gestrichen - so etwa erst am 17. Dezember ein früheres Taliban-Regierungsmitglied. Weitere Namen sind noch in Prüfung.

Gestrichen können Personen werden, die sich nachweislich von den Taliban/Al-Kaida distanziert haben. Diese Streichungen spielen im afghanischen "Versöhnungsprozess" eine Rolle: wobei das 1267-Komitee nicht alle diesbezüglichen - politisch bedingten - Wünsche des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai vor der "Friedensjirga" in Kabul im Sommer 2010 erfüllte.

Aber es gibt auch Namen auf der Liste, deren Inhaber es vielleicht nie gegeben hat, und vor allem Tote (bis zu 50). Es gibt zwar eine "Monitoring"-Gruppe, Fakten in Afghanistan sind jedoch nicht leicht zu überprüfen.

Von der Liste werden nicht nur Namen entfernt, es werden auch neue gelistet. Hingegen fehlen manche andere: Bei pakistanischen Taliban blockiert China die Eintragung. Russland ist ein schwieriger Kandidat, wenn es um die Entfernung von Taliban geht: offenbar Ressentiments aus der sowjetischen Besatzungszeit.

Österreich übernahm den Vorsitz in einem dynamischen Moment, als durch den Regierungswechsel in den USA die Uno mehr Gewicht bekam - und zunehmend der Kritik von außen Rechnung getragen wurde. Seit 2008 befindet sich etwa die EU-Kommission im Clinch mit dem Europäischen Gerichtshof, über den Fall des gelisteten saudischen Staatsbürgers Yassin Abdullah Kadi. Die EU-Kommission hatte das Einfrieren des Vermögens Kadis angeordnet, er hatte dies beim EuGH angefochten und war zum ersten Mal 2008, ein zweites Mal am 30. September 2010 erfolgreich: Der EuGH erklärte die entsprechende Verordnung der EU-Kommission - die auf der Uno-Terrorliste basiert - für nichtig. Die EU-Kommission hat erneut dagegen berufen.

Indirekt stellt der EuGH die Autorität des Uno-Sicherheitsrats infrage. Auch wird im Urteil die Figur der im Juni 2010 geschaffenen Ombudsperson für Gelistete als unzureichend abgetan, noch bevor diese operativ wurde.

Die Österreicher hinterlassen dem Komitee - das von Deutschland übernommen werden soll - zwei Änderungsvorschläge. Da die Entscheidungen per Konsens gefällt werden, kann ein einziges Mitglied ein Delisting blockieren. Österreichs Botschafter Thomas Mayr-Harting schlug deshalb vor, den im Sicherheitsrat gültigen Abstimmungsmodus (Mehrheit von neun Stimmen von 15, bei Vetorecht der ständigen Mitglieder) auch im Komitee einzuführen. Der zweite Punkt betrifft die Kritik, dass die Liste nicht "präventiv", sondern "punitiv" sei: Einträge sollten deshalb alle drei Jahre neu bestätigt werden müssen. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 28.12.2010)