"Rex hatte früher einen Porsche besessen,

rot wie eine Cocktailkirsche, sein Lieblingsspielzeug, seine liebste Verkleidung, sein intimer Vertrauter und eigentlich alles, was ein Auto für einen Mann sein kann, und man konnte sagen, dass Rex nicht nur Geld investiert hatte, sondern auch beträchtliche Emotionen - ja, er wäre vor dem Wort 'Beziehung' nicht zurückgezuckt. Er nannte ihn Bruno." (Thomas Pynchon, Vineland)

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Sie sind schwul und lieben ihr Auto?

Herzlich willkommen in der Randgruppe. Weil: Schwul & Auto - das geht einfach nicht zusammen.

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Schwule lieben Handtaschen,

tragen popo-freien Ledertrimm, verwenden Nacht-Creme, haben einen in Barock-Gold gerahmten Keith Haring über dem Futon-Bett hängen und hören nackt auf dem Flokati liegend Marc Almond. Autos werden im wesentlichen in der Mutation "Taxi", Tankstellen als Non-Stop-24-Stunden-Beaujolais-Depot wahrgenommen.

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Jene Männer, jene "richtigen Männer",

die es wagen, bei diesem Beaujolais -Depot vorzufahren, um ihre monsterschnäuzigen Testosteron-Boliden mit Super-Benzin vollzusprudeln, müssen damit rechnen, zumindest mit Handtaschen beworfen zu werden. Schwule, ansonsten eher sensibel, lassen bei "Hetero"-Hardcore-Automobilisten jede Sensibilität vermissen. Im Grunde kennen sie keine Gnade.

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Das hat gute Gründe.

Ihre Existenz ist schlichte Provokation: "Heteros" rühren mit bloßen Händen in der Ölwanne, pflastern ihre Doppel-Garage mit Nackedei-Kalendern aus, zischen Bier im Six-Pack-Format, hören Aerosmith, lachen über ihre eigenen Witze und greifen sich dabei aufs Gemächt. Dieses Pandämonium des Schreckens ist zu allem Überfluss vulgär-sexuell aufgeladen. Wir sagen nur: "Auto als Phallus-Symbol". Schwule sagen nur: "Sublimations-Objekt als Projektionsfläche für diverse ödipale Verwerfungen." Yeah. Aber das wirklich Allerbeste:

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Das alles sind VORURTEILE, VORURTEILE, VORURTEILE.

"Schwule" hier, "Heteros" dort – alles für die Schublade. Falls Sie das anders sehen, schließen Sie bitte das Browser-Fenster, fahren ihren Computer herunter und schlagen im "Kleinen Fremdwörterbuch" unter "Toleranz" nach. Kleiner Tipp: Das Wörtchen steht genau zwischen "Tokkato" und "Tomahawk". Lesen Sie nach, denken Sie nach: Es wird Ihnen gut tun.

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Auch Schwule lieben Autos.

Automobil- und Oldtimer-Clubs für Schwule boomen. "Rainbowdrivers", "Motorboys" oder "Queerlenker" – alles bereits da. Die Interessen sind dieselben: Ausfahrten, Technik-Tipps ... und natürlich Autos. Im Gegensatz zu "normalen" Vereinen spielt jedoch die Wahl der Auto-Marke und die damit verbundene Philosophie eine untergeordnete Rolle.

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Kein Wunder:

Es gibt, zumindest offiziell, keine "schwulen" Autos bzw. Autos für Schwule. Es gibt Familien-Gelände-Frauen-Sport-Multi-Purpose-Vans. Doch "GUVs" (Gay Utility Vehicles)? Fehlanzeige. Zudem hat die Werbe- und Designindustrie über Jahrzehnte die Kommunikation von Konzern- und Marken-Images auf den heterosexuellen, männlichen Kunden ausgerichtet. Das Ergebnis: Phallus voraus. Zwar ist mittlerweile der Masterplan "Testosteron" dem alles bestimmenden "Ego" gewichen, zwar wurden mittlerweile auch Frauen als Kundinnen erkannt, doch die zahlenmäßig nicht ganz kleine Zielgruppe "Queer" blieb bislang außen vor.

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Ein Versäumnis sondergleichen.

Pierre und Jeff haben ein Zeichen gesetzt. Die beiden sind die Masterminds des französischen "Club Automobile Rainbow". Vergangenen September luden sie erstmals zur Online-Wahl des "Gay Car of the Year". Ergebnis: Es gibt bereits schwule Autos. Richtig schwule Autos. Doch dem nicht genug: Auch in den Kategorien "Asexuell", "Rasend heterosexuell" und "Superstraight" wurde heftig um Stockerlplätze gefahren. Die Besten der Besten und ... vielleicht ist ja "Ihrer" dabei:

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"Asexuell"

Alle Citroen, außer C3
Peugeot 607, 807, 406
Alle Daewoo, Skoda und Hyundai

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"Superstraight"

Renault Kangoo
Fiat Doblo
Renault Scenic

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"Rasend heterosexuell"

Lamborghini Murciélago
Ferrari Enzo
Ford Mondeo
Jeder weiße Van

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"Gerade noch schwul genug"

Lancia Y
Jeep Wrangler
VW Golf

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"Richtig schwul"

Smart City Coupé und Cabrio
VW Beetle
Mini

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"Der schwulste"

Peugeot 206 CC
Bleibt nur noch die Frage, was ein Auto zu einem schwulen Auto macht. Laut Club-Website waren "Originalität, Design und wie viele Schwule diesen Wagen gekauft haben" maßgeblich für Sieg oder Niederlage verantwortlich. Letztere Kategorie bleibt wohl für immer ein Geheimnis der beiden Initiatoren.

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Den Triumph

des Peugeot 206 CC schreiben Jeff und Pierre vor allem einen Umstand zu: "Das Coupe/Cabrio-Konzept ist für einen Wagen dieser Größe eine wirkliche Innovation. Schwule stehen Neuem einfach aufgeschlossener gegenüber. Und dasselbe gilt für die Wahl ihres Autos." (kommunikaze)

Links
Club Automobile Rainbow
Gay Classic Car Club
queerlenker
Motorboys
Rainbow Drivers Austria

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