Aus der Selbstporträtserie "Gender Tuppets" von Susi Krautgartner.

Foto: Fotohof - Galerie Edition Bibliothek

 

Salzburg - In einer Doppelausstellung zeigt die Galerie Fotohof Arbeiten zweier österreichischer, in Wien lebender Künstler aus zwei verschiedenen Generationen: Free Portraits von Leo Kandl und Susi Krautgartners Uncanny Valley. Die gebürtige Innviertlerin setzt sich mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft auseinander, insbesondere geht es der 28-Jährigen um den Objektstatus und die Instrumentalisierung des weiblichen Körpers in Bildern.

In den Überlegungen zu ihrer Selbstporträtserie Uncanny Valley spielen verschiedene Theorien aus dem 20. Jahrhundert eine wesentliche Rolle. Etwa die Annahme japanischer Roboterentwickler in den 1970ern, dass künstliche, aber menschenähnliche Figuren beim menschlichen Betrachter positive Emotionen auslösen können. Allerdings darf der Humanoide auch nicht zu perfekt sein, sonst verliert er an Sympathie respektive Empathie.

Das Hineindenken und Mitfühlen mit anderen ist der zentrale Begriff in Krautgartners Überlegungen, die sie mit Sigmund Freuds Essay Das Unheimliche kurzschließt: Darin schreibt der Begründer der Psychoanalyse dem Vertrauten ebenso viel Schreckenspotenzial zu wie dem Unvertrauten. In ihren Fotos versucht Krautgartner durch wechselnde Mimik vom Betrachter Empathie einzufordern.

Leo Kandl arbeitet seit Anfang der 1970er mit dem Medium Fotografie, einerseits in Auftragsarbeiten für Zeitschriften, Bücher und Kataloge, andererseits mit Projekten im öffentlichen Raum - zudem auf theoretischer sowie historischer Ebene. Eines der zentralen Themen seiner künstlerischen Porträtfotografie ist die Beziehung zwischen Fotograf und Modell.

Für Free Portraits stellte der 66-jährige Kandl den Kontakt mittels Zeitungsannoncen her, die keinerlei Informationen über den Künstler sowie Zweck, Verwendung oder Verwertung der Bilder enthielten. Erwartungsgemäß meldeten sich eher jüngere Menschen aus urbanen Hotspots wie New York, London, Havanna und Wien, die Kandl dann im öffentlichen Raum ablichtete. Die Porträtierten bestimmten selbst über Ambiente, Inszenierung, Kleidung und Pose. Was wie ein Privatfoto oder zufälliger Straßenschnappschuss wirkt, ist de facto ein interaktives Rollenspiel zwischen zwei Fremden, zwischen Künstler und Modell. Zur Schau Free Portraits ist auch ein gleichnamiges Buch in der Fotohof Edition erschienen. (Gerhard Dorfi/ DER STANDARD, Printausgabe, 24./25./26.12.2010)