In der Woche vor den Feiertagen war vom Weihnachtsfrieden in der österreichischen Innenpolitik noch wenig zu bemerken. Die Parlamentssitzung in der Nacht von Montag auf Dienstag, die bis fast halb fünf Uhr morgens dauerte, sorgte für Diskussionen, genauso wie die Grasser-Meischberger-Enthüllungen oder die Kritik an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

Cremers Photoblog dokumentiert die Müdigkeit der Abgeordneten im Parlament. Auch für manche Journalisten hieß es durchhalten. ATV-Reporter Martin Thür twitterte die ganze Nacht hindurch Botschaften wie diese: "Fekter gegen Westenthaler um 01:47 Uhr. Ich hinterfrage meine Berufswahl."

Schokogate

Tags darauf ging es bereits um 9 Uhr im Parlament weiter. Diskutiert wurde das Sozialbudget und ein ÖVP-Abgeordneter hatte sich eine besondere Showeinlage überlegt. Oswald Klikovits hatte eine Schachtel mit Schokolade am Rednerpult abgestellt und die Abgeordneten aufgefordert, sich daraus zu bedienen. Er wollte damit offenbar symbolisieren, dass die Regierung Gaben an die Bevölkerung überbringt. Eine leere Schachtel stand symbolisch für die Opposition. Die Aktion brachte mehrer Parlamentarier zum Kochen, unter anderem Gerald Grosz vom BZÖ. Die Schachtel wurde wieder entfernt.

Von dieser Szene existieren unter dem Schlagwort "Schokogate" bereits Youtube-Videos. Eines haben wir bereits veröffentlicht, einen weiteren Remix präsentieren wir Ihnen hier:

Ab mittags waren am Dienstag aber nicht mehr die Parlamentarier und der Budgetbeschluss im Mittelpunkt des Interesses des Twitter-Universums, sondern die geheimen Telefonprotokolle in der Causa Meischberger, Grasser und Co., von denen Falter-Journalist Florian Klenk ankündigte, sie im Falter veröffentlichen zu wollen. 

Exklusives E-Paper

Der Falter hatte die Protokolle schon länger, durfte sie aber nicht veröffentlichen, weil das gegen das Mediengesetz verstoßen hätte. Gemeinsam mit der Grünen-Abgeordneten Gabriela Moser wurde aber eine Lösung gefunden. Moser richtete eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, in der sie Passagen der Protokolle wiedergab. Da die Texte nun Teil der parlamentarischen Debatte waren, durfte auch der Falter die Protokolle veröffentlichen. Klenk kündigte das via Twitter an: "Exklusiv: Falter veröffentlicht unzensierte Telefonprotokolle im Fall Grasser."

Nachdem auf Twitter dann aber schon die parlamentarische Anfrage von Moser weitergereicht wurde, entschloss sich der Falter den Bericht vorzeitig via E-Paper auf der Falter-Homepage online zu stellen. Das Interesse war dementsprechend groß und die Server des Falter brachen zeitweise zusammen.

Klenk vs. Pandi

Klenk ist ja genauso wir der Krone-Journalist Claus Pandi seit wenigen Tagen auf Twitter, wie wir bereits vergangene Woche berichteten. Diese Woche kam es zum ersten Dialog der beiden, sie scheinen sich zu "mögen". Klenk fragte Pandi: "Gibt es Peter Gnam wirklich? Oder ist das dein Pseudonym?" Die Antwort von Pandi: "Kann ich schwer sagen, weil ich nur eine Filmfigur bin." Darauf wieder Klenk: "Das muss ein Grusel-Film sein."

Doch noch einmal zurück zu den Falter-Enthüllungen: Was nach der Veröffentlichung folgte war vor allem Kritik an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und die riss auch am Donnerstag nicht ab, als die Urteile gegen Helmut Elsner im Bawag-Prozess aufgehoben wurden. So twitterte der SPÖ-EU-Abgeordnete Hannes Swoboda zum Beispiel: "... findet das Verhalten der Justizministerin eigenartig. Der einzige Grund warum sie Ministerin wurde ist zerzaust worden, aber sie bleibt."

Bandion-Ortner zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Sie betonte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: "So mangelhaft kann das Ersturteil nicht sein, wenn der Hauptangeklagte vom OGH die Höchststrafe ausfasst." Auf die Frage, ob sie über Rücktritt nachdenkt, sagte sie klipp und klar: "Nein."

Frohe Weihnachten!

Auf den Weg geben wir Ihnen noch ein Protestlied mit, das nach den Grasser-Telefon-Enthüllungen (wieder einmal) ein Renner auf Youtube war.

(Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 25.12.2010)