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Im guatemaltekischen Cobán herrscht der Ausnahmezustand. Das Militär errichtete am Dienstag in der Stadt einen Stützpunkt. Einheimische beäugten ihre Präsenz argwöhnisch.

Foto: AP/Rodrigo Abd

Der mexikanische Drogenkrieg schwappt auf die Nachbarn über. Guatemala verhängt den Ausnahmezustand in den Regionen an der Grenze zu Mexiko. Ehemalige Elitesoldaten kämpfen dort für die Kartelle.

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Wer abends nach neun Uhr auf die Straße geht, kann seines Lebens nicht mehr sicher sein. Das ist nur eine der Regeln im Grenzgebiet zwischen Guatemala und Mexiko. Sie werden diktiert von den Drogenkartellen, die seit zwei Jahren im guatemaltekischen Gebiet nahe Mexikos das Sagen haben - unter den Augen der schlecht ausgebildeten, schlecht bezahlten und schlecht bewaffneten Polizei.

Die Killer von der Gruppe der Zetas seien am helllichten Tag schwer bewaffnet durch die Stadt Cobán marschiert, hätten Frauen vergewaltigt, junge Männer zwangsrekrutiert und Bauern gezwungen, ihnen ihr Land abzutreten, berichteten die Bewohner lokalen Medien.

Nun verhängte Guatemalas Präsident Alvaro Colom den Ausnahmezustand in der Region Alta Verapaz, 200 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Guatemala Stadt. Er schickte - gleich wie sein Kollege im benachbarten Mexiko - die Armee in den Kampf gegen die Drogenkartelle. Die Grundrechte in der Region wurden für mehr als ein Monat außer Kraft gesetzt, die Soldaten errichteten ein Lager in Cobán. Die mexikanische Regierung versprach Colom "Unterstützung im gemeinsamen Bemühen um eine sichere Grenze".

Über 300 Polizisten wurden nach Angaben des Verteidigungsministers Abraham Valenzuela wegen möglicher Kontakten zu den Drogenkartellen strafversetzt und müssen mit einem Prozess rechnen, 150 Waffen und 65. 000 US-Dollar wurden sichergestellt.

Die Soldaten patrouillierten nun in den Dörfern, errichteten Straßensperren und durchsuchten Häuser. Lokale Medien vermeldeten 15 Festnahmen - allerdings sei kein wichtiger Drogenboss darunter. Die flohen offenbar in Nachbarregionen, aus denen in den vergangenen Tagen Präsenz schwer bewaffneter Kommandos gemeldet wurden. Präsident Colom will nun auch dort den Notstand ausrufen. Wenn er dafür genug Soldaten hätte, hätte er sie schon längst losgeschickt, sagte er am Dienstag Journalisten.

Im Dienste des Zeta-Kartells stehen neben Mexikanern auch guatemaltekische Ex-Elitesoldaten, sogenannte Kaibiles. In Guatemala tobte 36 Jahre lang ein Bürgerkrieg, der erst 1996 mit einem Friedensvertrag endete. Das wegen Gewalttaten diskreditierte Militär wurde von 45.000 auf 15.500 Soldaten reduziert, viele der Entlassenen heuerten bei Banden an. Colom will das Militär nun wieder auf 21.000 Mann aufstocken.

Mittelamerika ist das schwächste Glied im Drogenkrieg. In Washington ist man laut Wikileaks-Depeschen wegen der durchlässigen Grenze zwischen Mexiko und Guatemala höchst besorgt. Schließlich fließt der größte Teil des in den USA konsumierten Kokain durch das Land. (Sandra Weiss aus Puebla/DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2009)