Wien - Das Kino ist um die Weihnachtszeit traditionell mit ähnlich einfallsreicher Ware bestückt wie die entsprechenden Märkte in Großstädten. Es ist die Zeit der Sequels familienfreundlicher Unterhaltungsfilme, die Besinnliches bis zur Besinnungslosigkeit propagieren, sodass man schon froh sein muss, wenn eine Marke wie Meet the Parents auf Bewährtes setzt, ohne sich vollkommen in der Bedeutungslosigkeit zu verlieren. Die Serialität dieses Komödienerfolgs garantiert zumindest die wohlige Wärme eines vertrauten Universums.
Die Entwicklung der Filme selbst gleicht so auch nicht von ungefähr jener eines mittelständischen Familienmodells. Im ersten Teil, Meine Braut, ihr Vater und ich (2000), wurde mit einer von etlichen Missgeschicken gesäumten Hochzeit der Grundstein gelegt. Gaylord Focker (Ben Stiller), die männliche Krankenschwester, weist im Blick seines republikanisch-steifen Schwiegervaters, des Ex-CIA-Agenten Jack Byrnes (Robert De Niro), Defizite auf, die schon seine niedere Herkunft vorgeben. Im zweiten Teil weitet sich dieser Gegensatz zum vergnüglichen Familienmatch aus: Gaylords Eltern (Barbra Streisand und Dustin Hoffman) verkörpern darin das hedonistisch-liberale Gegenmodell zu den Byrnes.
Little Fockers (Meine Frau, unsere Kinder und ich) beginnt nun in einem Zustand der Konsolidierung: Gay nennt sich jetzt Greg und ist in der Gunst von Jack auch deshalb gestiegen, weil er im Spital zum Abteilungsleiter ernannt wurde. Da dem alten Familienoberhaupt Herzprobleme zu schaffen machen, denkt es nun sogar daran, den einst ungeliebten Schwiegersohn zum "Oberfocker" zu krönen. Doch große Hoffnungen werden gern herbe enttäuscht. Eine Familienzusammenkunft nährt in Jack den (völlig unbegründeten) Verdacht, Gay würde seine Frau hintergehen, sodass der Spion im Ruhestand wieder einmal die Verfolgung aufnimmt.
Das dramaturgische Problem von Little Fockers, den nach Jay Roach, nunmehr Produzent, Paul Weitz inszeniert hat, liegt in der Prämisse, dass die Focker-Familie, abgesehen von kleineren Eheverschleisserscheinungen, eigentlich kaum nennenswerte Krisen aufweist. Deshalb trägt die Hauptlast der alltagsparanoide Schwiegervater, der aus unerheblichen Indizien die falschen Schlüsse zu ziehen hat. Nach dem Motto: Wo nichts ist, muss eben etwas gefunden werden.
Die Konstruiertheit des Plots merkt man den Film streckenweise leider auch an: Ein potenzsteigerndes Medikament und eine quietschvergnügte Pharmavertreterin (Jessica Alba) sind als erzählerisches Werkzeug oft einfach zu durchschaubar, um die entsprechend komische Wirkung zu entfalten. Owen Wilsons Funktion als esoterisch-weltgewandte Alternative zum Schwiegersohn fällt zwar auch forciert aus, doch der lässt sich davon zumindest nicht weiter beirren.
Ähnliches gilt für die Achse aus Stiller und De Niro, die ihre Rollen wie Sitcom-Routiniers bewältigen - im Wissen, dass böse Blicke, gockelhaftes Männergehabe und so peinliche Momente wie jener, in dem des einen Spritze in den Penis des anderen muss, mitunter genügen. In vielen Serien gewinnen Figuren irgendwann Freiheit über ihr Geschick. Dazu passt auch der Umstand, dass sich mit Harvey Keitel als proletarischem Baumeister und Laura Dern als Direktorin einer Eliteschule, die den Leistungsdruck auf Kinder schön auf den Punkt bringt, hier immer mehr liebgewonnene Altstars dazugesellen. (Dominik Kamalzadeh/ DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2010)