Wien - Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon (VCM), ist enthusiasmiert. "Das ist so, als würde Tiger Woods in Österreich golfen. Auf einem Neunlochplatz halt." Haile Gebrselassie hat sich vertraglich verpflichtet, Wien zu schmücken. Der 37-Jährige, der bisher 27 Weltrekorde produzierte, seit September 2008 die Marathonbestmarke (2: 03,59, Berlin) sein eigen nennt, zweimal Olympiasieger und viermal Weltmeister über 10.000 Meter wurde, sowie fünf WM-Titel auf anderen Distanzen von 1500 Meter aufwärts gewann, läuft im Rahmen des 28. VCM am 17. April den Halbmarathon.

Diese Frohbotschaft trug Konrad schon im Oktober mit sich herum. Doch am 6. November gab Gebrselassie, berühmtester Dauerläufer der Welt, beim New York City Marathon von Knieschmerzen geplagt auf und erklärte seinen Rücktritt. Das darf doch nicht wahr sein, dachte Konrad, und siehe da: Es war nur ganz kurz wahr. Eine Woche später erklärte der Äthiopier den Rücktritt vom Rücktritt und kündigte an, bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London auf dem Laufenden zu bleiben. Sein Comeback über die 42, 195 Kilometer gibt Gebrselassie am 27. Februar in Tokio.

Dass es dazu kam, dass er sich im Frühling in Wien 21,0975 Kilometer gibt, liegt am Deutschen Mark Milde, der in Wien für das Engagement der Profis zuständig ist und als Renndirektor des Berlin Marathons Kontakte zu Gebrselassies Management pflegt. Der beste Langstreckler hat naturgemäß seinen Preis. Für einen ganzen Marathon werden Summen von bis zu 400.000 Euro kolportiert. "Die Summen stimmen nicht", sagt Konrad, der freilich keine Zahlen nennt. "Einen Marathonstart Gebrselassies hätten wir uns niemals leisten können." Aber die halbe Marathondistanz koste bei weitem nicht die Hälfte der ganzen.

Das Veranstaltungsbudget des VCM betrug 2010 etwa 2,3 Millionen Euro, ein Teil davon ist für die Verpflichtung von Kapazundern vorgesehen. Rund 50 davon werden engagiert, um den rund 7000 Hobbyläufern (auf allen Distanzen zusammen starteten im Vorjahr rund 30.000) und dem Publikum etwas zu bieten. Der mittelmäßige Profidauerläufer ist für Flugticket, Kost und Logis und um die 1000 Euro herum zu haben. Konrad sagt, er werde das Budget 2011 aufstocken, auf dass Wien zum ersten und wohl letzten Mal Herrn Gebrselassie zuschauen könne. Man habe Rücklagen und man werde sparen.

"Im VIP-Klub wird es keine Hummerschwänze geben, wir brauchen auch nicht 50, sondern nur 30 Marathonprofis", sagt der Tiroler, der 2011 zum 22. Mal für den VCM verantwortlich ist. "Und vielleicht melden sich heuer wegen Gebrselassie mehr Hobbyläufer an." Kostet übrigens bis 31. Dezember 55, dann 69 und ab 1. April 90 Euro (nicht für Gebrselassie).

Vermutlich findet sich auch ein Einzelsponsor für die 1,63 Meter hohe Größe, die oft im Fernsehen erscheinen wird. Und auf der Mariahilfer Straße, also nach rund 20 Kilometern, dürfte er dem Motto "catch me if you can" nachkommen. Und die vor ihm gestartete Marathonspitze überholen. Die muss noch in der Prater. Er darf schon auf den Heldenplatz. (Benno Zelsacher - DER STANDARD PRINTAUSGABE 22.12. 2010)