So sah das linke Donauufer bei Thurnhaufen nahe der Hainburger Brücke vor dem Rückbau aus.

Foto: Christian Baumgartner

Durch das Wegnehmen der festen Uferverankerung im Jahr 2006 kann sich die Donau wieder ausbreiten, wodurch auch ein neuer Lebensraum entstand.

Foto: Christian Baumgartner

Der Bienenfresser zählt wie der Eisvogel zu den seltensten und schillerndsten Arten im Nationalpark. Beide Vogelgruppen sollen durch die Uferrückbauten profitieren.

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Ein Ziel der Flussbaumaßnahmen ist auch die Anbindung an die Donau und dadurch die bessere Durchflutung von Seitenarmen. Im Bild: Das heutige Ergebnis eines Pilotprojekts bei Haslau, das bereits 1998 fertiggestellt wurde.

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Durch die Anbindung gleicht die Au bei Haslau wieder vermehrt ihrem ursprünglichen Zustand. "Denn die Au, die hier hingehört, ist eine wilde und dynamische Landschaft", erklärt Naturraum-Leiter Christian Baumgartner.

Foto: Christian Baumgartner

Durch den kontinuierlich sinkenden Wasserspiegel der Donau treten bei Niederwasser immer wieder die Buhnen hervor. Das sind fest verankerte Gesteinswällen, die hier auf dem linken Donauufer zu sehen sind und früher in einem 90-Grad-Winkel zur Strömungsrichtung angelegt wurden.

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Bei den Umbauarbeiten werden die alten Buhnen abgetragen und stärker in Fließrichtung ausgerichtet.

Foto: via donau

Für das Pilotprojekt bei Bad Deutsch-Altenburg soll dieses Ufer umgebaut werden. Dafür müssen rund 60 Hybridpappeln gefällt werden.

Foto: Christian Baumgartner

Um die Methode der Granulometrischen Sohlverbesserung (GSV) testen zu können, wurde auf der TU Wien ein eigener, 30 Meter langer Strömungskanal eingerichtet.

Foto: via donau

Diese drei Behälter zeigen, wie sich die GSV auf die Zusammensetzung der Donau-Sohle auswirken soll: Links ist der Ausgangszustand des Bodenmaterials zu sehen. In der Mitte wurde oben gröberer Kies zugegeben. Auf dem rechten Bild haben sich der originale und der zugefügte Kies miteinander vermischt.

Foto: via donau

Christian Baumgartner, Bereichsleiter für Natur und Wissenschaft in der Nationalpark Donau-Auen GmbH, kennt sein Naturschutzgebiet wie die sprichwörtliche Westentasche und räumt mit einigen traditionellen Vorstellungen auf: "Das Bild der Donau-Auen stammt oft aus der romantisierenden Landschaftsmalerei: Es soll möglichst lieblich und schön sein - und genau diese Art von Natur soll dann auch geschützt werden. Aber die Au, die hier hingehört, ist eine wilde und dynamische Landschaft."

Das Gebiet habe im ursprünglichen Zustand eine hohe natürliche Umwandlungsrate. "Jeder Quadratmeter wechselt innerhalb von 100 Jahren zumindest einmal zwischen Land und Wasser. Die ältesten Bäume sind daher maximal so 100 Jahre alt", so der Nationalpark-Wissenschafter. Allerdings könnte den Donau-Auen in den nächsten 10 bis 15 Jahren das Wasser ausgehen.

Die Donau tieft sich ein

Das liegt daran, dass der Niederwasser-Spiegel der Donau im Schnitt zwischen 1 und 3,5 Zentimeter pro Jahr sinkt, wodurch die Augewässer großflächig trocken fallen und damit jene Wasserflächen verloren gehen, die für die Au überlebenswichtig sind. "Wenn die Seitenarme zu stark reguliert sind und keine Anbindung mehr an die Donau haben, geht irgendwann die Au komplett verloren. Denn jedes Hochwasser lagert Feinsedimente in der Flusslandschaft ab und nur stark durchströmte Seitenarme besitzen die Kraft, diese Ablagerungen auch wieder auszutragen", erklärt Baumgartner.

Besonders in dem knapp 50-Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen dem Kraftwerk Wien Freudenau und der slowakischen Grenze ist die Eintiefung der Donau stark bemerkbar. Wegen der stromauf gelegenen Kraftwerkskette und der zum Teil starken Flussregulierung wird mehr Kies flussabwärts geschwemmt, als nachkommt. Es werden zwar unmittelbar nach dem Kraftwerk Freudenau etwa 200.000 Kubikmeter Kies pro Jahr zugeführt - allerdings ist das zu wenig, wie eine Studie der Boku Wien ergeben hat (siehe Wissenschafts-Artikel: Die Donau tieft sich erheblich ein)

Uferrückbau zur Lebensraumgewinnung

Daher wurden in diesem Donau-Abschnitt in den vergangenen Jahren bereits einige Pilotprojekte zum Rückbau der hart verbauten Ufer durchgeführt. Dabei werden etwa die riesigen dunkelgrauen Steinblöcke entfernt, wodurch sich der Fluss wieder natürlicher ausbreiten kann und eine neue Ufervegetation entsteht, wie Baumgartner bildlich darstellt: "Die Donau soll die Ufergestaltung wieder selbst in die Hand nehmen. Das ist wichtig für Tierarten wie - ganz klassisch - den Eisvogel. An renaturierten Ufern gibt es auch Brutversuche mit Bienenfressern und die ganz seltene Art der Flussuferwolfsspinne ist hier zu finden."

Buhnen nicht mehr zeitgemäß

Neben der Beseitigung des sogenannten Blockwurfs werden zusätzlich auch die Buhnen umgebaut - das sind Gesteinswälle, die vom Ufer in die Donau hinein angelegt wurden, damit das Wasser bei geringen Abflussmengen in die Schifffahrtsrinne geleitet wird . Allerdings sind diese Querbauwerke an einen Wasserstand der Donau angepasst, der vor 20 bis 50 Jahren geherrscht hat. Heute ragen diese Regulierungsdämme bei Niederwasser aus der Donau heraus - was nicht unbedenklich ist: Sind die Buhnen noch dazu bewachsen, wird der Hochwasserabfluss beeinträchtigt.

Ebenfalls negativ auf die ökologische Qualität des Flusslaufes wirkt sich aus, dass die originalen Buhnen in einem Winkel von 90 Grad zur Fließrichtung angelegt sind. Bei einem Umbau werden diese Wälle abgetragen und stärker in Strömungsrichtung geneigt wieder neu angelegt. Auch die Gesamtzahl der Buhnen wird sich verringern: "Insgesamt wird auf etwa 1/3 der aufsummierten Buhnenlänge verzichtet", heißt es von Seiten der via donau, der Österreichischen Wasserstraßen Ges.m.b.H., welche für die Erhaltung und Gestaltung der Donau verantwortlich ist und diese Flussbaumaßnahmen finanziert.

Vorteile für Schifffahrt 

Dass durch die Anhebung des Donaupegels auch die Wasserstraße profitiert, gibt Dieter Pejrimovsky, der bei der via donau als Projektleiter für das Flussbauliche Gesamtprojekt Donau östlich von Wien (FGP) verantwortlich ist, offen zu: "Dadurch wird natürlich auch das Angebot für die Schifffahrt attraktiver. Langfristig soll die Auslastung der Schiffe von momentan 60 auf 80 Prozent gesteigert werden." Gerade im Gebiet östlich von Wien würden bei Niederwasser (besonders von Oktober bis März) oft unzureichende und stark schwankende Fahrwasserbedingungen herrschen.

Damit der Wasserspiegel der Donau tatsächlich steigt, sollen auf den fast 50 Kilometern von Wien bis zur Staatsgrenze verschiedenste Flussbaumaßnahmen vorgenommen werden, die unter dem Dachbegriff "FGP" zusammengefasst sind. Für dieses 200 Millionen Euro Projekt, das ab 2014 beginnen könnte und voraussichtlich zehn Jahre dauern wird, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung der Länder Niederösterreich und Wien im Gange. 

Pilotprojekte als Tests für den großen Wurf

Als Vorbereitung auf dieses Langzeitverfahren wurden in den vergangenen Jahren bereits sechs Pilotprojekte entlang der Donau vollendet. So wurde etwa gegenüber von Hainburg beim Thurnhaufen 2006 genauso das Ufer rückgebaut wie drei Jahre später bei Witzelsdorf. Bei zweiterem wurden auch die Buhnen neugestaltet. "Wir können in diesem Abschnitten bereits sehr gut den ökologischen Effekt durch die Renaturierung der Ufer analysieren", so Baumgartner.

Das letzte Pilotprojekt ist bei Bad Deutsch-Altenburg geplant und hat im Sommer dieses Jahres bereits für einige Aufregung gesorgt (siehe Links am Ende des Artikels). Bei diesem Bauvorhaben auf einer Strecke von knapp drei Kilometern rund um die Hainburger Brücke ist auch jene transdanubische Uferseite betroffen, bei der eine hohe nostalgische Naturschutz-Note mitschwingt. Denn vor 26 Jahren war zu dieser Jahreszeit die Stopfenreuther Au von Menschen besetzt, die gegen ein Kraftwerk Hainburg protestierten und damit die Grünbewegung in Österreich so richtig in Fahrt brachten.

Pilotprojekt wird geprüft

Aktuell liegt das Pilot-Projekt Bad Deutsch-Altenburg für die ergänzende Beurteilung eines vorgesehenen Uferrückbaues bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha. "Die Expertise des Amtssachverständigen ist momentan noch im Gange - daher kann ich zu diesem laufenden Verfahren auch keine Stellungnahme abgeben", erklärt Bezirkshauptmannstellvertreterin Verena Sonnleitner, die für die Prüfung zuständig ist. "Aber wenn die Baumaßnahmen im Einklang mit dem Naturschutz stehen, alle Auflagen erfüllt und die geringstmöglichen Einwirkungen auf die Natur garantiert werden, können wir einen positiven Bescheid im Sinne des NÖ Naturschutzgesetzes ausstellen."

In das gleiche Horn stößt auch Stephan Pernkopf, niederösterreichischer Landesrat für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, auf Anfrage von derStandard: "Es wird bei diesem Projekt sicher nichts passieren, was gegen die Natur ist. Aber alles was Richtung Renaturierung geht, unterstütze ich. Wenn eine harte Uferverbauung weggenommen wird, kann kein Naturschützer etwas dagegen haben."

Dass dieser Eingriff in das Naturschutzgebiet eine äußerst sensible Angelegenheit darstellt, ist auch Projektleiter Pejrimovsky klar: "Wir wollen auch nur so viel umbauen, damit die Donau den Uferbereich selbst aktiv gestalten kann. Die Vorteile: Sie kann es besser und es ist billiger. Natürlich sieht man am Anfang vor allem die Baustelle, aber bereits nach dem ersten Hochwasser bildet die Donau selbst wieder das natürliche Ufer aus."

Bagger und Bäumefällen

Und genau hier setzen auch die Kritikpunkte der Projektgegner an, denn für die Beseitigung des Blockwurfs und den Buhnenumbau müssen am Ufergelände Bagger und Lastwägen eingesetzt werden. Daher müssen auch rund 60 Bäume gefällt werden, weil diese durch den Rückbau ihren Untergrund verlieren und auf die Baumaschinen fallen würden. "Allerdings handelt es sich dabei um sogenannte Hybridpappeln, die nicht zu den einheimischen Pflanzen des Nationalparks gehören, sondern eine forstwirtschaftliche Kreuzung aus einheimischer Schwarz- und Kanadischer Pappel sind", erklärt Naturraum-Leiter Baumgartner. Laut via donau habe man aber bereits die "gesamte Fläche, an der Bäume dauerhaft einem natürlichen Kiesufer oder neu geschaffener Gewässerfläche weichen müssen, an anderer Stelle wieder aufgeforstet."

Granulometrische Sohlverbesserung

Zusätzlich wird bei Bad Deutsch-Altenburg auch erstmals eine Methode eingesetzt, die Granulometrische Sohlverbesserung (GSV) heißt. Grob zusammengefasst geht es darum, dass Kies mit 40 bis 70 Millimeter Durchmesser in bestimmten Bereichen eingeschüttet wird. Dadurch soll sich die Sohleintiefung der Donau verringern.

Der Grund dafür: Der Median des Kies-Durchmessers liegt bei der Freudenau bei 29 Millimeter und bei Hainburg bei 26 Millimeter. Durch die Einschüttung von rund 100.000 Kubikmetern des etwas gröberen Kieses würde sich der mittlere Durchmesser in der Pilotstrecke auf rund 40 Millimeter erhöhen. Allerdings wurde eine Sohlstabilisierung durch GSV bisher noch nie an einem schiffbaren Fluss durchgeführt - weder in Österreich, noch in einem anderen Land. Erfahrung ähnlicher Einschüttungs-Maßnahmen gibt es bisher nur an kleinen Gebirgsbächen.

Testkanal auf der TU Wien

Daher wurde für das GSV-Projekt an der TU Wien ein eigener 30 Meter langer Strömungskanal eingerichtet, in dem das Verhalten der Donau und des Grobkieses nachgestellt werden konnte. "Von der Theorie und den Modellversuchen her sind wir uns sehr sicher, dass es funktioniert", so Dieter Pejrimovsky. "Es ist an der Zeit, die Granulometrie kleinräumig in einem Pilotprojekt zu testen." 

In Summe soll beim Flussbaulichen Gesamtprojekt durch die GSV und die Optimierung der Buhnen eine Anhebung des Niederwasser-Spiegels um 20 bis 30 Zentimeter erreicht werden. Weil dabei der Wasserspiegel stärker angehoben wird als die Flusssohle der Seichtstellen, profitiert auch die Schifffahrt davon. "Diese Anhebung ist ökologisch sehr vorteilhaft, weil wir in den letzten 25 Jahren 50 Zentimeter Wasserspiegel verloren haben. Und wenn der Naturschutz dabei etwas gewinnt, warum soll ich nicht auch der Schifffahrt eine Verbesserung gönnen?", fragt Naturraum-Leiter Baumgartner und fügt hinzu: "Man sollte bei dieser Diskussion nicht übersehen, dass die Maßnahmen auch dem allgemeinen Hochwasserschutz dienen, weil mehr Wasser in die Au gelangen kann. Und der natürliche Hochwasserschutz ist immer noch der ehrlichste." (Martin Obermayr, derStandard.at, 20.12.2010)

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