Berlin - Der Historiker Ernst Engelberg, Bismarck-Biograf und langjähriger Direktor an der DDR-Akademie der Wissenschaften, ist tot. Engelberg starb am vergangenen Samstag im Alter von 101 Jahren in Berlin, wie sein Sohn Achim Engelberg am Montag mitteilte. Er bestätigte damit Medienberichte.

Der am 5. April 1909 im badischen Haslach geborene Verlegersohn Engelberg gehörte zu den profiliertesten Historikern der DDR. Zu seinen bekanntesten Werken zählen Biografien des Reichsgründers Otto von Bismarck (1815-1898), die auch im Westen für Aufsehen und Lob sorgten. In diesem Jahr veröffentlichte er mit seinem Sohn eine Geschichte der Bismarck-Familie.

Der Kommunist Engelberg, der in der NS-Zeit zeitweise im Gefängnis saß und später in die Türkei emigrierte, kehrte nach dem Krieg in den Osten Deutschlands zurück. Nach Stationen in Potsdam und Leipzig wurde er Direktor am Institut für Deutsche Geschichte der DDR-Akademie der Wissenschaften. Von 1959 bis 1965 war er auch Vorsitzender des Nationalkomitees der DDR-Historiker.

Preußische Geschichte im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt von Engelbergs Arbeit stand die preußische Geschichte. Die 1985 erschienene Biografie "Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer" wurde gleichzeitig vom Siedler Verlag in Berlin (West) und dem ostdeutschen Akademie-Verlag herausgegeben. Nicht die im Marxismus verankerte Sicht, die Geschichte schreite in starren Epochen voran, bestimmte Engelbergs Denken. Er betonte vielmehr die Rolle der Individuen. Mit dieser Sicht eckte er bei der DDR-Staats- und Parteispitze an.

1990 folgte das 1600 Seiten starke Monumentalwerk "Bismarck. Das Reich in der Mitte Europas". Von Engelbergs Ehefrau Waltraud, einer Germanistin, erschien fast gleichzeitig "Johanna und Otto von Bismarck".

Vor wenigen Wochen gaben Engelberg und sein Sohn Achim eine Geschichte der Familie von Bismarck heraus ("Die Bismarcks - Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute", Siedler Verlag). Darin versuchen sie das Bild zu korrigieren, der Reichskanzler sei nur ein Reaktionär gewesen: "Bismarck war adels- und preußenstolz, dennoch nüchterner Realpolitiker". (APA/dpa)