Die Vorarlbergerin Ulrike Müller überzeugt in Kairo mit ihrer stringenten Rauminstallation.

Foto: Standard/Andrea Schurian

Kairo - Fingerspitzengefühl für die Besonderheit des Ortes und Mut: Damit lässt sich die Auswahl des österreichischen Beitrags gut beschreiben. Vom österreichischen Kulturministerium mit einem Budget von 45.000 Euro ausgestattet, hat sich Kurator Achim Hochdörfer (unterm Jahr Ausstellungsmacher im Mumok) nicht unter den üblichen Biennale-Verdächtigen und österreichischen Mid- Career-Stars umgesehen.

Und er hat beherzt einen Raum gewählt, der während der Aufbauarbeiten vermutlich wenig attraktiv schien, nämlich eine Sackgasse. Doch zur Vernissage, ehe der ägyptische Kulturminister künstlerhändeschüttelnd durch die Biennale rauschte, wurde die Verbindungstür zu Amal Kenawy (siehe obenstehenden Bericht) geöffnet. Das ergab einen äußerst interessanten Dialog zwischen der opulenten Üppigkeit Kenawys und dem gleichermaßen kühlen wie höchst präzisen Statement der in New York lebenden Vorarlbergerin Ulrike Müller. Mit profunder Kenntnis um (kunst)handwerkliche Techniken knüpft sie an die Traditionen der arabischen Kultur an. Spielt an der Schnittstelle von autonomer und angewandter Kunst mit Verhüllung und Enthüllung, mit sexuellen Andeutungen.

Drei Quilts, zwei davon auf niedrigen, futonähnlichen Podesten im Raum postiert, ein dritter wie zufällig über die Balustrade geworfen, so als hinge er zum Ausklopfen auf dem Balkon. An den Wänden 18 kleinformatige Emailbilder mit abstrakten, klaren Formen. "Dieses Material", sagt Müller, umspannt viele Gegensatzpaare: Es ist kalt, wird aber heiß gebrannt. Die Oberfläche sieht flüssig aus, ist aber Glas auf Metall, also sehr hart."

Weichfließender Stein

Licht und Schatten, Innen und Außen, Weich und Hart: Gegensätze bestimmen auch die Kunst der zweiten österreichischen Biennale-Teilnehmerin; auch sie gebürtige Vorarlbergerin, auch sie mit Zweitwohnsitz in New York:

Caroline Ramersdorfer, die in Paris Philosophie und in Carrara Steinbildhauerei studierte, wurde allerdings vom ägyptischen Biennale-Direktor Ehab El-Labban direkt eingeladen. Weichfließend wie Mousselin wirkt ihre vielschichtige Skulptur aus weißem Marmor, die Besucher vor dem Eingang empfängt. Und die, fastsymbolisch für die Biennale, aus jeder Perspektive neue (Ein-)Sichten, kleine geheime Entdeckungen, gewährt. (asch, DER STANDARD - Printausgabe, 18./19. Dezember 2010)