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Morgens, beim Aufwachen, sagt Bruno Melzer, da könne man gut feststellen, dass sich das Leben vom Kino unterscheidet: Auf der Leinwand nämlich würden sich die Paare gleich wieder - quasi unverbraucht - in die Arme sinken. Selbst hingegen fühle man nur ei- nen üblen Geschmack im Mund.

Melzer (Peter Simonischek) ist der traurige Held der Herrenjahre - eines österreichischen Films aus dem Jahr 1983, inszeniert von Axel Corti. Er erzählt - nach einem Roman von Gernot Wolfgruber - die Geschichte von einem, der sich seine Träume aus dem Kino holt und währenddessen sein eigenes Leben verpasst.

Und er rückt mit dieser Geschichte, die in den späten 60er-Jahren spielt, zugleich einen Alltag und dessen Topografie ins Bild: In die erste eigene Wohnung dringt beständig Straßenlärm. Mit seinen weiblichen Eroberungen macht Melzer im Auto nachts unter einer Brücke Station. Und noch der kleine Friedhof, auf dem die Mutter Melzer ihre letzte Ruhe findet, wirkt zwischen zwei Straßen bedrohlich eingezwängt.

Herrenjahre ist eine von Axel Cortis schönsten Arbeiten, als Fernsehfilm im Auftrag von ORF und ZDF entstanden. Erst zwei Jahre davor, 1981, war das heimische Filmförderungsgesetz in Kraft getreten. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen hatte Corti vor diesem Hintergrund seine Karriere als Filmregisseur in den späten 60er-Jahren beim Fernsehen begonnen.

Zuvor hatte er, am 7. Mai 1933 in Paris geboren, fürs Radio gearbeitet, war unter anderem 1959 Leiter der Hörspiel- und Literaturabteilung im Landesstudio Tirol. Zu Cortis ersten TV- Regiearbeiten gehört die Herzmanowsky-Orlando-Adaption Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter (1962) für den NDR. Die filmische Inszenierung ist da noch an die Vorgaben des bühnenhaften Studiosettings gebunden und ganz auf die Darsteller - Inge Conradi, Hans Moser, Hans Holt u.a. - konzentriert.

Mit dem viel beachteten Der Fall Jägerstätter (1972) dagegen beschritt Corti im heimischen Fernsehen neue Wege. Zwischen Spielszenen, in denen Kurt Weinzierl als oberösterreichischer Bauer und als Wehrdienstverweigerer stoisch und unbeirrbar für seine Überzeugung argumentiert, die ihm anno 1943 das Todesurteil brachte, montierte er Interviews mit Familienangehörigen, Nachbarn und Bekannten des Toten. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2003/red)